Vorbereitung vorgeführt wurden. Naturgemäß spielt diese Erziehungs-
absicht an den Fürstenhöfen eine besonders wichtige Rolle. In seiner
ausführlichen Darstellung der Geschichte des Spielzeugs geht H. Rene
D'Allemagne (I-Iistoire des Jouets) auf diese geschichtlichen Tatsachen
ein. Er weist nach, daß Ludwig XIII. als Kind auf einem durchlöcherten
Tisch Bataillone von kleinen Bleisoldaten aufmarschieren ließflöro). Er
erzählt von der kostbaren Armee aus Metall, die Ludwig XIV. x65o (im
Alter von zwölf Jahren) zum Geschenk erhielt. Der Bildhauer Georges
Chassel in Nancy modellierte die Figuren und der Goldschmied N. Merlin
führte die Kavallerie, Infanterie und ihre Waffen und Geschütze in Silber
aus. Dieses Spielzeug hat 50.000 Taler gekostet.
Ludwig XV. erhielt in seinem achten Jahre eine Armee aus Papier-
soldaten, die von H. Gessey 1670 mit künstlerischer Sorgfalt ausgeführt
wurde und zwanzig Eskadronen Kavallerie, zehn Bataillone Infanterie
umfaßte und ebenfalls ansehnliche Summen erforderte. Interessant ist ein
Brief, den der Minister Colbert an seinen Bruder, den Intendanten im Elsaß,
richtete (1662) und der folgende Stelle enthielt:
„Ich beschwöre Sie, denken Sie an die kleine Kriegsausrüstung, an die
Artillerie und die Menschen- und Tierfiguren; Ich bat Sie, solche bei den
besten Meistern von Augsburg und Nürnberg zu bestellen; sie sollen dem
Dauphin zur Zerstreuung dienen."
Die Arbeit d'Allemagnes enthält zugleich folgende Sätze: „Die Blei-
soldatenindustrie ist spezifisch deutsch, und die berühmtesten Fabriken fanden
sich von Anfang an in Nürnberg. Im XVIII. Jahrhundert tritt dieses Spielzeug
ziemlich plötzlich in der alten Stadt Nürnberg hervor. Die Bleisoldaten
erscheinen wie ein Echo der Siege Friedrichs des Großen. Der erste
Fabrikant, welcher diese neue Spielzeuggattung in den Handel brachte, war
Johann Georg I-Iilpert, welcher 1794 starb. Derselbe war in seiner Art ein
wirklicher Künstler, er stellte in hervorragender Weise den großen Friedrich,
seinen Stab und die wichtigsten Typen der preußischen Armee dar."
Das Germanische Museum in Nürnberg enthält viel Material, welches
die historische Entwicklung dieser Industrie beleuchtet, die von den ersten
Anfängen mit ihren bevorzugten und hochgestellten Abnehmern ausgehend
immer breitere Schichten der Bevölkerung eroberte.
D'Allemagne spricht in seinem Buche schon von zwanzig deutschen
Fabriken, die (um 1900) zusammen jährlich um 1,25o.ooo Franken Soldaten
produzieren. „Deutschland hat diesem Spielzeug eine besondere Ausbildung
angedeihen lassen, hat seinen Einfluß auf die Kindererziehung geschickt
ausgenützt, um die Flamme des Patriotismus zu entzünden und zu nähren
und die Traditionen der Ehre und des Mutes lebendig zu erhalten." Das
französische Lob klingt in diesem Augenblick besonders bedeutungsvoll.
Wenn man sich auch bei uns heute der Wichtigkeit dieses patriotischen
Erziehungsmittels erinnert hat, wenn man die Gelegenheit benützte, eine
Sammlung von 50.000 Zinnsoldaten öffentlich zugänglich zu machen und