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Volltext: Monatszeitschrift XVIII (1915 / Heft 5)

Das alles aber fällt nicht ins Gewichtgegenüber derFülle neuer fruchtbarer Erkenntnisse. 
welche Burg auf Grund umfassender archivalischer und stilkritischer Untersuchungen und 
der sorgsamen Benützung aller vorhandenen Vorarbeiten auch für jene anregend und nutz- 
bringend vermittelt, denen die Beschäftigung mit dem Klassizismus in Österreich unter dem 
Gesichtspunkte entwicklungsgeschichtlicher Betrachtung längst zum Bedürfnisse geworden 
ist. Zu den an Aufschlüssen reichsten Kapiteln des Werkes gehört das erste (Dielugendzeit, 
Lehrjahre in Wien, Fürst Kaunitz als Kunstfreund, Der Brunnen im Schloßhof von Schön- 
brunn), das siebente, achte, neunte (Die Engel für den I-Iochaltar der Augustinerkirche, Die 
Grabdenkmäler Laudons und Leopolds II., Das Denkmal Josefs II.) und vor allem auch 
das zwölfte (Zauner, Die Romantiker und Canova). Was Burg von des Fürsten Kaunitz 
maßgebendem, von den stärksten Impulsen getragenem Einfluß auf die Ausgestaltung der 
Akademie und des gesamten Kunstlebens in Wien Unbekanntes und Bekanntes über diese 
wichtige Seite der österreichischen Kulturgeschichte des XVIII. Jahrhunderts mitteilt. 
macht neuerdings den an dieser Stelle ausgesprochenen Wunsch rege, daß doch endlich 
eine Lebensgeschichte dieses großen Staatsmannes geschrieben werden möchte, die ihn 
uns als Kenner, Mäzen und Organisator der künstlerischen Arbeit Österreichs in voller 
Anschaulichkeit vorführt. Hierbei dürfte sich zeigen, daß man einigermaßen irrt, wenn 
man starke französische Einflüsse auf die Kunst im Zeitalter Maria Theresias annehmen 
wollte. Gewiß hat Kaunitz, als bester Kenner der französischen Kultur seiner Zeit, danach 
getrachtet, technisch und nationalökonomisch Kunst und Kunsthandwerk Österreichs auf 
eine der französischen gleiche Stufe der Entwicklung zu bringen, aber doch durchaus in 
österreichischem Sinne und ohne der freien Entfaltung der heimischen Kräfte immer fremde 
Vorbilder in den Weg zu stellen. Dies hatte auch politische Gründe, die vor allem für Kaiser 
Franz I. und Maria Theresia maßgebend waren und erst mit der Vermählung Maria Antoi- 
nettens allmählich entfielen; der Kaiser war gleich Kaunitz einer der eifrigsten Förderer 
der heimischen Arbeit. 
Eine Einwendung ist auch zu machen gegen die Erklärung, welche Burg dem Statuen- 
schmuck am Palais Fries gibt. Er bringt die nach seiner Ansicht später erfolgte Ver- 
änderung der ursprünglichen Sinnbilder „Commerz und Freyheyt" in Apoll und weibliche 
Idealfigur (ohne Hut und Zepter) mit dem Wunsche der neuen Besitzer des Palastes in 
Beziehung, die Anspielungen auf den Beruf der ehemaligen Bewohner zu verwischen. Dies 
kann nicht stimmen, denn die nach Moreaus Entwurf zum x6. Juni 1814 (Einzug der sieg- 
reichen Truppen) geschaffene Darstellung der Festdekoration des gräflich Friesschen 
Hauses (Wien, gedruckt in der Degenschen Buchdruckerei), welche Burg selbst zitiert, zeigt 
uns zwar noch den Merkur, aber die weibliche Gestalt bereits ohne Hut. Und Zauner kann 
die spätere Abänderung nicht durchgeführt haben, denn er starb im Jahre des Zusammen- 
bruches des Friesschen Vermögens (r822), und das Palais ist erst viel später, nach dem 
Verkaufe der Kunstschätze in andere Hände übergegangen; es wurde 1844 vom Markgrafen 
Pallavicini erworben. Die im Besitze des Österreichischen Museums befindlichen Ton- 
modelle dürften auch nicht Abgüsse der Originalmodelle sein, sondern Modellskizzen, wie 
dies ja auch schon Eitelberger vermutet hat; ob es jene Modelle sind, von denen Zauner an 
Füger unter dem 4.Juni x783 schreibt, bleibt zweifelhaft, vermutlich sind zweimalige Ver- 
änderungen an diesen Skulpturen vorgenommen worden. 
Ganz neu und alte verbreitete Irrtümer berichtigend ist das, was Burg im Schlußkapitel 
über die Sezession von Overbeck und Genossen von der Akademie mitteilt. Und ebenso die 
Beleuchtung des Einflusses, den Canova, stärker als Zauner, auf die weitere Entwicklung 
der Wiener Plastik, vor allem auf Klieber ausiibte. 
Zur Kennzeichnung der österreichischen Kunstbewegung unter der Regierung des 
Kaisers Franz wäre die Baukunst und das Kunsthandwerk jener Tage heranzuziehen 
gewesen; das hat Burg unterlassen. Hoffen wir, daß der Architektur des franziszeischen 
Zeitalters, den Meistern Hardtmuth, Kornhäusel, Moreau, Montoyer, Koch, Schemerl von 
Leytenbach, Fischer und andern bald eine ähnliche Monographie gewidmet werden möge,
	        
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