Schnabelkanne vom Dürrnberg.
4 Ausgull und Schulterpartie.
5 Seitenansicht.
6 Henkelseite.
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waagrechte Kerbe wiedergegeben. Diese Applike, in der
M. llell eine starke Verbundenheit mit dem Kunst-
schaffen skythischcr Völkerscbaften ausgedrückt sieht,
ist ein Beispiel für die in einem fortgeschrittenen Sta-
dium der Latcnckunst aufkommende orientalisierende
Mode, eine Zunahme des Masken- und Fratzenhaften, die
in einem weiten Zusammenhang die griechische wie die
skythische Kunst erfaßt hatte. Wie K. Schefold meint,
steckt hinter dem Interesse für solche Motive vielleicht
eine religiöse Bewegung. Eine Hirschfigur vom Bieberg
bei Saalfeldcn, der auch zwei keltische Silbermünzen -
je ein Gepräge des Adnumat und des Atla - ergeben
hat, besticht durch die liebevolle Ausarbeitung von Ein-
zelheiten. [Zs ist noch eines bronzenen Eberfigürchens
vom Rainberg zu gedenken, das als typisches Beispiel
für eine unnatürliche Übertreibung von Details gelten
darf, die in dem Ersatz des Borstenkammes am Rücken
durch ein aufgesetztes Rahmenwerk zum Ausdruck
kommt.
Nun zu den neuen Funden vom Dürrnberg bei Hallein,
die mit Ausnahme der 1932 dort gefundenen Schnabel-
kannc alle bisher aus Salzburg bekannten Hinterlassen-
schaften der Kelten weit übertreffen, auch in Öster-
reich und selbst in ganz Europa nur wenige Entspre-
chungen haben und ein nahezu vollständiges Repertoire
der Techniken, Verzicrungsweisen und des Ornamenten-
schatzes keltischen Kunstbandwerks liefern. Bei den Vor-
bereitungen zur Anlage eines Kurgartens am Moserstein
unweit der Bergstation der Salzbcrgbahn wurde 1959
eine wahrhaft „fürstliche" Grabanlage mit - nach den
beigegebenen Lanzenspitzen und Schwertern mit Wehr-
gehänge zu schließen - männlichen Körperbestattun-
gen aufgedeckt, von denen eine, wie beim „Schnabel-
kannengrttlv", auf einem zweirädrigem Wagen lag. Von
den zahlreichen Beigaben seien hier nur die wichtigsten
erwähnt und damit einer ausführlichen Veröffentlichung
nicht vorgegriffcn. Das Glanzstück ist eine auf vier
stilisierten menschlichen Beinen stehende, aus Bronze-
blech getriebene Feldflasche mit zylindrischem Hals, (Lr
durch ein Band aus sich übersehneiclenden Kreisen mit
ausgepunkteten Zwickelfüllungen verziert ist. An bei-
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den Seiten sind inmitten konzentrischer Kreisrippen
Zicrblcche mit Koralleneinlagen angenietet. Die be-
kannte lieldflasche von Rodcnbach wird von der vom
Dürrnberg an Größe und Ausstattung beträchtlich über-
troffen. Diesem außergewöhnlichen Stück stehen zwei
Röhrcnkannen aus Holz, das bis auf geringe Spuren ver-
gangen ist, nicht nach. Die eine war mit einem an einem
Bronzekettchen befestigten hölzernen Deckel versehen,
beide waren mit Zicraten aus Bronzeblech beschlagen.
Bei der einen Kanne bestehen die Beschläge aus einer
männlichen Maske mit stilisiertem, gescheiteltem Ilaupt-
haar, umrandeten Augen, stark ausgeprägten, schema-
tisierten Augenbrauenbogcn und Schnurrbart, dem für
kelt sehe Geschichtsdarstellungen geradezu typischen
männlichen Attribut. Neben der Maske befanden sich
zwei in ornamental verzweigte Blüten auslaufende fisch-
blascnartige gewölbte Bleche. Die Ausgußröhre war mit
herzförmigen Schildchen verziert. Bei der zweiten Kanne,
die mit einer stilisierten Tiermaske und zwei unbeklei-
deten menschlichen Figürcben im llalbrelief beschlag
war, besteht der Ausguß aus einer zum geöffneten Ra-
chen eines krokodilartigen Fabelwesens geformten Röhre.
Von religionsgeschichtlicher Bedeutung ist ein kleiner
Kahn mit zwei Rudern aus Gold, zu dem es eine Par-
allele von einem anderen hervorragenden Fundplatz in
Österreich gibt, dem Magdalensberg in Kärnten, wo ein
töncrncs Boot mit Ruderer gefunden wurde. Offenbar
hat man es in beiden Fällen mit einem Symbol der an.-
tiken Vorstellung von der Bootsfahrt ins jenseits zu tun.
Eine attische Schale ist das älteste bisher bekannte Bei-
spiel importierten bemalten griechischen Gescbirrs aus
Österreich. Die Bestattungen enthielten noch viele wei-
tere prächtige und interessante Bcigaben: als Relikte
aus der Späthallstattzeit einen großen, aus Bronzeble-
chen zusammengenictcten Eimer und ein Lappenbeil, ein
sogenanntes „Hallstattbeil", mit Miianderverzierung, fer-
ner einen typischen keltischen Spitzhelm aus Bronze, ein
flaches Bronzebeeken von gleicher Art wie die beiden
in Sunzing (Oberösterreich) zusammen mit einer Schna-
helkanne gefundenen, glatte oder intermitticrendem Ran-
kennrnament verzierte Fingerringe aus Gold, Fibeln mit