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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Galizien

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nicht genau bestimmen; doch ist aus seinen Schriften ersichtlich, daß er ihn gekannt lind 
bewundert hat. Die Vermuthung liegt jedenfalls nahe, daß Ronsards Beispiel den jungen 
Polen dazu anspornen konnte, aus den Schranken der Latinität herauszutreten und den Ver 
such zu wagen, seine Muttersprache zur Göttersprache zu erheben. Was poetischen Schwung, 
was Reichthum der Gleichnisse und Bilder, was Wohlklang des Verses und edle Einfachheit 
des erhabenen Stiles betrafst, so ist jenes erste polnische Gedicht Kochanowskis musterhaft: 
auf einmal hat sich der begeisterte Dichter und der feine maßvolle Künstler enthüllt. 
Im Jahre 1557 znrückgekehrt, suchte er nach der landläufigen Sitte am Hofe eines 
großen Herrn sich eine Zukunft, durch seine Gedichte sich Ruhm und Ehre zu verschaffen. 
Der Hof war anfangs jener des Krongroßmarschalls Firley, später der königliche, wo er in 
der Kanzlei als einer der Untersecretäre angestellt wurde. Die Gedichte waren theils 
lateinische Elegien, theils polnische Lieder, wie er sie nennt kiesni. Die letzteren sind wohl 
der Form nach der elastischen Lyrik nachgebildet, aber an Gefühl, an Freiheit und 
Selbstständigkeit, an poetischem Reiz seinen lateinischen Gedichten weit überlegen. Der 
Inhalt ist zuweilen historisch, hie und da philosophisch, überwiegend aber erotisch. Heiter, 
graziös, schamhaft oder brennend vor Begierde oder endlich ehrfurchtsvoll, aus der 
innersten Tiefe des Herzens geseufzt, sind Kochanowskis Liebeslieder ihr erster würdiger 
Ausdruck in polnischer Sprache, und werden für immer zu den schönsten gehören, welche 
die Liebe je einem Dichter in dieser Sprache inspirirt hat. 
Außer den Liedern dichtet er die ITns^üi (Scherze), die wie jene sich wohl 
durch sein ganzes späteres Leben sortziehen, in dieser Jugendzeit aber in großer Anzahl 
entstehen und dem Verfasser eine große Popularität verschaffen. Daß dieselben immer 
anständig seien, läßt sich zwar nicht behaupten, wird aber durch die Art und Bestimmung, 
so wie durch die Sitten der Zeit erklärt und entschuldigt. Es gibt übrigens unter diesen 
Scherzen manches feine lyrische Gedichtchen; und die ausgelassensten, die wein- oder 
gennßtrunkensten, wissen doch meistens ihren derben Inhalt durch Witz und Geschmack 
erträglich, ja angenehm zu machen. Aber, zur Kenntniß des alltäglichen, gesellschaftlichen 
Lebens und der Gebräuche desselben sind die kTas^üi ein Quell reichster Belehrung. 
Der Dichter war aber weder ausschließlich Liebhaber, noch ausschließlich Weltmann 
und lustiger Geselle. Er war auch Staatsbürger und Patriot mit ernstem Einblick in die 
verwirrten Verhältnisse seiner Zeit. So kam es, daß er auf Wunsch und im Sinne zweier 
Vice-Kanzler, der Bischöfe Padniewski und Myszkowski, für zwei aufeinander folgende 
Reichstage zwei politische (kaum satyrische) Gedichte erscheinen ließ, den Snk^r und die 
/^oäa (Eintracht), in denen er die religiöse Einheit, die Kriegsbereitschaft und das 
Ansehen der königlichen Gewalt seinem Leser ans Herz legt. Nach einigen Jahren aber 
zieht sich Kochanowski, des Lebens am Hofe überdrüssig, auf das Land zurück, gibt sich
	        
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