44-13
Kraushaar und dem aufgeworfe-
nen Mund. Es ist aber nicht nur
das rein Formale, was sich an
beiden Werken deckt, sondern
auch das Technische, die eigen-
artig persönliche Führung des
Schnitzmessers, die die Formen
schuf.
Betrachten wir noch einmal
die Schreinfiguren, in erster Linie
die heilige Barbara! Die neue
Zeit spricht aus ihr. Die elegische
oder lyrische Stimmung der Hei-
ligen von ehedem mit ihren zar-
ten Gliedern und den verträumten
Sinnen hat dem Pathos Platz ge-
macht; schwer lastend ruht die
Gestalt auf der breiten Schritt-
Stellung der Beine, und massige
Falten betonen die kraftvollen
Körperformen.
Den gleichen Habitus wei-
sen nun noch zwei Madonnen-
figuren auf, von denen sich die
eine, kleinere, im Germanischen
Nationalmuseum zu Nürnberg
(Abb. 6),": die andere größere in
der Sammlung Seiner Exzellenz
des Grafen ,I-Ians Wilczek in
Wien (Abb. 7)" befindetjosephi
hält die Nürnberger Figur für
bayerisch, eine Anschauung, die
ich ursprünglich selber hegte, in-
dem ich glaubte, sie etwa der
Chiemgau-Gruppe oder dem un-
teren Inntal zuweisen zu sollen.
Die stilistische Zusammenge-
hörigkeit dieser Figur mit der der
Sammlung Wilczek habe ich
schon früher festgestellt, unter
Ablehnung der Zuweisung die-
ser letzteren an die fränkische
Abb. u. Rechter Flügel des Barbara-Altars in der Knapp-
schaftskapelle zu Gossensaß
' Walter Josephi, Die Werke plastischer Kunst im Genn. Museum in Nürnberg. Nürnberg, xgro, Nr. 402.
4'" julius Leisching, Figurale Holzplastik, Wien, l (rgoB), Tafel V, Nr. ro.