derselben Zeit - der Regierung Kaiser Rudolfs II. - zu vergleichen,
um die innere Verwandtschaft in Materialbehandlung und Formgebung zu
erkennen. Aus dieser Verwandtschaft, die ja auch durch Ähnlichkeiten
der physikalischen und chemischen Beschaffenheit beider Materialien
begründet werden kann, ist der
stilistische Einfluß des Stein-
schliffes auf den Glasschliff er-
klärlich. Dieselbe Neigung zur
glänzenden Facettierung und
zur weichen Abrundung, zur
gewölbten OberHäche, die den
Glanz erhöht, zur relativen
Dickwandigkeit, die so sehr
im Gegensatz zu dem bis dahin
fast alleinherrschenden dünnen
Venezianer Glas steht, kenn-
zeichnet das böhmische Kali-
kristallglas. Der warme, klare
Ton im durchfallenden Licht,
der vom reinenWeiß etwas ab-
weicht, bringt ebenso eine Ver-
wandtschaft wie die großeHär-
te eine Materialähnlichkeit mit
dem Bergkristall hervor.
Tatsächlich wurde auch
die Gravierung, dann der Gem-
men- und Kameenschnitt vom
Stein auf das Glas übertragen.
Dieser Seite des Glasschliffes
hat ja später unter Führung
Lobmeyrs das böhmische Glas
besonders auf der Weltaus-
stellung 1873 einen so großen
Erfolg zu verdanken gehabt.
Und wenn wir die jüng-
sten Leistungen unserer Glas-
künstler in den Vitrinen des
Säulenhofes eingehend stu-
Ausstellung österreichischen Kunst- und Exportglases im Öster-
reichischen Museum. Johann Oertel ä Co., Haida (Entwurf der
Fachschule). Deckelgefäß, Kristallschlitf mit Gravierung
dieren, so werden wir auch hier jene Stücke besonders wertvoll und
gelungen finden, die milden, warmen Glanz, edle präzise Formung mit einer
kräftigen Dimensionierung verbinden. Nicht die Leichtigkeit und Gebrech-
lichkeit, sondern Glanz und Klarheit trotz der Schwere und Dickwandig-
keit, in gewissem Sinne eine Neigung zur Würde und Gediegenheit zeichnet
die vornehmsten Stücke aus.