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beginnen und interessante Daten dafür liefern, wie das im Kriege so zügellose Hajduckenvolk
daheim im eigenen Neste strenge Ordnung hielt und besonders die öffentliche Sittlichkeit
musterhaft schützte. Ein bemerkenswerthes Denkmal ist auch die alte Kriegsfahne der
berittenen Hajdncken, aus dicker grüner Seide, mit dem besonderen Wappen von Szoboszlö,
das in Goldstickerei einen Tiger mit einem geharnischten Ritter kämpfend zeigt. Diese
Fahne, welche „Bocskay-Fahne" genannt wird, befindet sich fast unversehrt nebst ihrer
stark mit Eisen beschlagenen Stange und zierlich geflochtenem Halte-Riemwerk im Besitze
von Szoboszlö, wo sie mit vieler Pietät im geheimen Archiv bewahrt wird.
Die Hajdncken, deren Nachkommen den Kern der jetzigen Bevölkerung des Hajducken-
Comitats bilden, spielten im XVI. und XVII. Jahrhundert eine sehr bedeutende Nolle und
schrieben ihre Namen mit Blut und Brand in die Geschichte jener Zeit ein. Und obgleich
sie sich unter den rauhen Kriegern der Zeit der blutigen Stürme nicht nur durch Tapferkeit,
sondern auch durch Grausamkeit anszeichneten, erwarben sie sich doch in den Kümpfen des
XVII. Jahrhunderts um politische und religiöse Freiheit als Factoren ersten Ranges so
große Verdienste, daß man um dieser willen einen Schleier auf ihre Grausamkeiten und
Verheerungen breiten darf.
Hajdnckenscharen begannen sich zu Anfang des XVI. Jahrhunderts zu bilden,
wenigstens erscheint ihr Name zum erstenmal um diese Zeit. In Sturm und Gefahr
gestählte, verwegene Männer bildeten den Kern des Hajduckenthums, indem sie, durch
die Verheerungen des Krieges ihrer Heimstätten und Familien beraubt, sich zu größeren
und kleineren Trupps vereinigten und, der friedlichen Beschäftigungen gänzlich entwöhnt,
mit Waffengewalt zurückzugewinnen strebten, was sie durch die Waffen verloren hatten.
Die Entstehung des Hajduckenthums war durch die unglückselige stürmische Epoche sehr
begünstigt, und da alle möglichen abenteuerlustigen, unsriedsamen Elemente sich zu ihnen
gesellten, wuchs ihre Zahl bald sehr ansehnlich, sie bildeten von da an nicht nur
kleinere Scharen, sondern unter ihren Hanptleuten förmlich organisirte Heere, deren wilde
Tapferkeit und Zügellosigkeit sie bei Freund und Feind gleich gefürchtet machte. Viele
von ihnen traten zeitweilig auch in die Armee des Landes ein, und diese bildeten meist
die Fnßtruppe, der größere Theil jedoch erkannte keinerlei Autorität dauernd an, sondern
gehorchte höchstens seinen eigenen Hauptleuten und war gleichsam ein mobiler bewaffneter
Staat im Staate. Diese hießen freie Hajdncken, im Gegensatz zu den vorigen, die haupt
sächlich als Besatzung der Greuzfestungen Verwendung fanden.
Eine größere Rolle begannen die Hajdncken nach der Katastrophe von Mvhäcs
zu spielen, indem sie größtentheils die Partei Zapolyas ergriffen und als wichtiger
militärischer Factor in Anschlag kamen, um die Mitte des Jahrhunderts aber so entsetzliche
Verheerungen anrichteten, daß die Türken und der Wiener Hof zu ihrer Ausrottung ein