MAK

Volltext: Monatszeitschrift XVIII (1915 / Heft 3 und 4)

Daß hier wieder nur die beste Organisation und angestrengte Tätigkeit in der 
heimischen Produktion erfolgreich sein kann, ist selbstverständlich. Es ist ja eine persön- 
liche empfindliche Seite der menschlichen Natur, auf welche eingewirkt werden soll, bei 
welcher merkwürdigerweise die suggestive Wirkung von Massenerscheinungen, von 
einzelnen Zentralpunkten aus dirigiert werden muß, ohne daß der einzelne diese Bevor- 
mundung fühlen darf. Über die verschiedenen auf diesen Gebieten eingeleiteten Aktionen 
soll hier zeitweilig Bericht erstattet werden. 
In jüngster Zeit sind mehrere Teilbewegungen fühlbar geworden, die gut in die 
allgemein einzuschlagende Richtung stimmen. Auch aus den Kreisen der Genossenschaft 
der Kleidermacher ist durch Anschluß an künstlerische Kreise die Gründung einer „Modell- 
gesellschaft" eingeleitet worden, die bereits zur Tat vorgeschritten ist. Eine Gruppe von 
Malern und kunstgewerblichen Kräften hat sich hier mit den Produzenten verbunden. 
Es sind vorwiegend Klosterneuburger darunter. Die Führung übernahmen die Maler 
Professor Ludwig Strauch und R. Wosak, während die Genossenschaft der Kleider- 
macher die praktische Durchführung der Aktion beeintlußte. Kaiserlicher Rat F. Huber 
steht an der Spitze der Modellgesellschaft. Ihre Tendenz ging dahin, möglichst rasch 
direkt brauchbare und für den Markt geeignete Modelle unter künstlerischer Einliußnahme 
zu schaffen. Eine Ideenkonkurrenz ergab über 400 Entwürfe, von denen ein großer Teil 
sofort ausgeführt wurde, um den Modellmarkt zu bilden, der die Praxis zu beeinflussen 
bestimmt ist. 
Die vorherrschende Tendenz war hier also die möglichst intensive Einwirkung auf 
die Erscheinungen der vorzubereitenden Saison, weshalb alle stark persönlichen und stark 
revolutionierenden Leistungen ausgeschaltet bleiben mußten. Es ist nur ein allmähliches 
Eindringen guter neuer Ideen zu erwarten. Daß trotzdem sehr erfreuliche Leistungen schon 
im ersten Anlauf erzielt wurden, ist doch wieder vielfach der allgemeinen, deutlich vor- 
wärtsstrebenden Geschmacksentwicklung Wiens zu danken, die durch freigebig und un- 
ermüdlich ausgestreute künstlerische Anregungen allen Konventionen zum Trotz im 
Sinne der jüngsten Kunstbewegung vorwärtsgedrängt wurde. 
Auch die große Zahl guter vorhandener Stoffe inländischer Erzeugung und guten 
Beiwerks sowie die handwerkliche Schulung der ausführenden Kräfte erleichterten einen 
raschen, vorläufigen Erfolg, dem nun weite Kreise zum dauernden Sieg verhelfen müssen. 
Es ist dies wohl nur ein Anfang und eine Teilbewegung, welche ebenso auf die Selb- 
ständigmachung der Wiener Mode, sowohl der weiblichen wie der männlichen Kleidung, 
abzielt wie auf die Hebung ihrer Qualität. 
Daß aber die Erkenntnis in maßgebenden Kreisen der Produzenten Fuß faßte, gemein- 
sam mit künstlerischen Beratern vorzugehen, die künstlerische Einflußnahme in den 
Vordergrund zu stellen, das ist ein vortreffliches Zeichen für den ernsten Willen und ein 
zielbewußtes Vorgehen der leitenden Persönlichkeiten. v 
Es besteht kein Zweifel darüber, daß ein beharrliches und glückliches Vorwärts- 
schreiten auf diesen Wegen zu Resultaten führen muß, die nicht nur auf die Kleider- 
macherei, sondernauchaufdievielen mit diesem komplizierten Betriebezusammenhängenden 
Gewerbe den wohltätigsten Einliuß ausüben müssen und für die österreichische Produktion 
bedeutungsvoll werden können. 
Die sicherste Gewähr für den endlichen Erfolg bietet die Führung durch die höchsten 
leitenden Stellen des k. k. Arbeitsministeriums, denen diese Angelegenheit so wichtig 
erscheint und die ihre organisatorische Einflußnahrne gleichzeitig in den verschiedenen 
Richtungen des weitverzweigten Gebietes betätigten. 
Es kann aber immer nur begrüßt werden, wenn diese offizielle Tätigkeit auch 
von privater Initiative unterstützt wird, wenn sich diese in derselben Richtung bewegt 
und auf das Ziel des Zusammenschlusses künstlerischer und produzierender Kräfte zur 
Erreichung der Selbständigkeit, Unabhängigkeit und Größe der heimischen Kunstgewerbe 
gerichtet ist.
	        
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