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Volltext: Monatszeitschrift XVIII (1915 / Heft 3 und 4)

unermüdlicher Arbeit und setzte mit dem ganzen Aufgebote seiner beispiellosen Energie 
den Fortschritten der Krankheit größten Widerstand entgegen. Und er ging dahin, wie er es 
sich wohl immer gewünscht haben mochte und wie es seiner würdig war, nicht vom 
Kranlrenlager, sondern mitten aus der Arbeit heraus. Vormittags hatte er noch im Museum 
amtiert, nachmittags arbeitete er einen Vortrag aus, den er am andern Tage über die 
hamburgische Denkmälerinventarisation halten sollte - die Feder entsank ihm und er starb 
rasch und friedlich. 
Brinckmann, geboren am 23. Mai 1843, war Hamburger Kind, Sohn eines Juristen; 
die Mutter, aus Alt-Hamburger Kaufmannsfamilie stammend, begeisterte Naturfreundin, 
geschickte Malerin, hat dem Knaben die Liebe zur Natur und den Sinn zum Zeichnen und 
Sammeln geweckt. Während ihm auf der Schule die Philologen „Anlage und Neigung für 
die Wissenschaften" absprachen, hat Karl Möbius, der hervorragende Zoologe, später 
Professor in Kiel, Justus für die Naturwissenschaften begeistert und ihn angehalten, alle 
Niederschriften der Schulvorträge mit Zeichnungen der Demonstrationsobjekte zu versehen; 
dieser Unterweisung dankte der spätere Museumsdirektor die Fähigkeit, alle Katalogzettel 
seiner Samrnlungsgegenstände mit deren graphischen Darstellung zu versehen. Auch der 
Maler Gensler hat Einfluß auf ihn geübt. An Kunstwissenschaft dachte Brinckmann aber 
noch lange nicht. Nach dem Verlassen der Schule wurde er Hauslehrer, bereiste Süd- 
frankreich. Italien, Ägypten, besuchte zwischendurch mittlere und hohe Schulen in Pau, 
Montpellier und Lausanne, wo er das Baccalaureat aus Mathematik machte, beschäftigte 
sich mit vergleichender Anatomie und Urgeschichte, veröffentlichte eine eigenhändig 
illustrierte geologische Arbeit und bereitete, angeregt durch die Darstellung der Pflanzen- 
und Tierwelt an den ägyptischen Bildwerken, eine Schrift „Über die Natur in der Kunst 
der Ägypter" vor. Eine Berufung Karl Vogts an das Genfer Museum lehnte er ab, vertiefte 
sich x865 in Leipzig neuerlich in naturwissenschaftliche, gleichzeitig in staatsrechtliche 
und nationalökonornische Studien, beschäftigte sich aber auch mit Kupferstichkunde, ging 
auf alle Auktionen und begann zu sammeln. 1866 in Wien, wohin ihn Hyrtls Weltruf 
gelockt hatte, dessen Vorlesungen er mit Eifer hörte, ward er von Frauberger auf das eben 
gegründete Österreichische Museum und auf Eitelbergers Vorträge aufmerksam gemacht, 
und unter diesem Einflüsse vollzog sich die entscheidende Wendung in seinem Leben. 
Eitelberger erkannte sofort Brinckmanns hohe Begabung und zog ihn gleich zur Mitarbeit 
heran; er übertrug ihm die Ordnung und Aufstellung der antiken Gläser des Museums, 
worüber Brinckmann 1866 in den „Mitteilungen" (Hefte g und xo) eine Studie: „Die Samm- 
lung antiker Glasfragmente und ihre Bedeutung für die heutige Glastechnik" veröffentlicht 
hat. Unmittelbar darauf übersetzte er die Abhandlung Cellinis über die Goldschmiedekunst 
und Skulptur, der er Parallelstellen aus des Theophilus „diversarum artium schedula" 
beifügte (Leipzig x867). Auch zu Jakob Falke und Karl von Lützow trat er in nahe Bezie- 
hunguen, die ihn gleichfalls in seiner Berufswahl bestärkten. Begeistert von der Organisation 
des Osterreichischen Museums und den in ihr ruhenden Möglichkeiten forderte er sofort in 
den „Hamburger Nachrichten" die Errichtung eines ähnlichen Institutes in seiner Vaterstadt, 
womit es aber noch gute Wege hatte. Da Brinckmann zunächst keine Aussicht sah, eine 
seinem Streben entsprechende Stellung zu finden, entschloß er sich rasch zu neuem 
Studium, wurde Jurist, Advokat und Journalist und machte den Feldzug x87of7x als Kriegs- 
berichterstatter des „Hamburgischen Korrespondenten" mit. 1872 gab er aber schon die 
Erläuterungen zur Sammlung Minutoli heraus, 1873 war er Mitglied der deutschen Zentral- 
kommission auf der Wiener Weltausstellung, für deren amtlichen Bericht er eine auch 
heute noch lehrreiche Abhandlung über die Holzindustrie schrieb, worin er bereits vor 
gedankenlosem Kopieren alter Stilformen warnte und ein Zusammenwirken des Handwerks 
mit freischaffenden Künstlern forderte. 1874 begründete er als Sekretär der Hamburger 
Gewerbekammer aus Mitteln einer Gesellschaft seine nachmals so reich und glanzvoll 
entwickelte Schöpfung, das Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe. Ganz allein hat 
er in den 4x Jahren bis heute, nicht so sehr durch eine Überfülle von überall her zusammen-
	        
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