Eines darf man aber nicht vergessen, daà die Weberei in höherem
MaÃe als die meisten Kunstgewerbe schon frÃŒh eine GroÃindustrie war und
mit weiten Gebieten und verschiedenen Abnehmerschichten rechnen rnuÃte;
so heiÃt es auch bei Bartsch, wo von den EntwÃŒrfen fÃŒr die Gewebe gespro-
chen wird: âHauptsÀchlich muà man das Augenmerk auf das Land oder die
Provinz richten, wohin der zu erzeugende Stoff verschlieÃen werden soll;
damit nicht nur der Geschmack im Figuriren und Schattiren, sondern auch
eine gehörige QualitÀt mit PreiswÌrdigkeit verbunden, dem dortigen Publikum
entsprechenf"
Der Geschmack ist in manchen Gegenden bekanntlich sehr beharrlich;
so sagt auch Bartsch gelegentlich der âLinzer Zeuge": âIn diesem Artikel
darf mit der Zeichnung niemals anders varirt werden, als mit gröÃeren
und kleineren Bouqueten. Die Figur selbst aber muà immer Ãhnlichkeit mit
der hier befindlichen [Abb. 35] haben, weil in diesen Gegenden, wo diese
Stoffe verwendet werden, kein Luxus, wohl aber die Caprice herrscht:
womit die GroÃmutter bekleidet war, kleidet sich auch die Enkelin.""""
Wir haben frÌher auch schon von Wiener Fabriken gehört, die besonders
fÌr Salzburg und Böhmen arbeiteten, und vor nicht langer Zeit hat uns der
Vertreter einer Wiener Fabrik, die wenige Jahre spÀter als die hier bespro-
chenen zu blÌhen begann, die Mitteilung gemacht, daà sein Haus heute
nirgends so kostbare Brokate absetze wie in gewissen sÃŒdungarischen
Gegenden, wo heute noch immer dieselben Muster gewÃŒnscht wÃŒrden wie
vor gut zwei Menschenaltem. Man muà in dieser Hinsicht also sehr vor-
sichtig
Vieles Alte hat sich begreiflicherweise besonders auch in den Kirchen-
und Fahnenstoffen erhalten.
Andrerseits ist es erklÀrlich, daà sich gerade auf diesem Gebiete hie und
da auch ein gröÃerer KÃŒnstler zu betÀtigen suchte, wenn er sich ohne-
hin schon mit Kirchenbau und Kirchenausstattung beschÀftigte; so können
wir hier (Abb. 46) einen bemerkenswerten Entwurf Rösners bringen, des
Erbauers der Kirche in der PraterstraÃe und anderer Kirchenbauten, die
trotz mancher Unbeholfenheit ein achtunggebietendes VorwÀrtsstreben
erkennen lassenri-
Mit der Verwendung der Stoffe hÀngt es auch zusammen, daà sich in
gewissen Stoffarten bestimmte Musterrichtungen besonders festsetzten. So
bietet uns Bartsch ein mehrere Seiten langes Verzeichnis der verschiedenen
Stoffsorten und der bei ihnen hauptsÀchlich Ìblichen Muster. H"
X A. a. O. Iljx, Seite 2, Anmerkung.
H Ebenda, II, Seite 220. Vgl. auch âPolnische Kleider" bei Bartsch (Tafel 31, Abb.F; Text II, Seite 228).
die an gestreifte persische Stotie erinnem.
u" Mehr fÃŒr das Land berechnet ist anscheinend auch der lGi-ehenstofT auf Abbildung 47.
1' Rösner wurde m04 zu Wien geboren, starb 186g in Stadt Steyr; er war seit xBzE Korrekter, seit 1835
lfrofessor, und eine Zeitlang (provisorischer) PrÀsident der Akademie der bildenden KÌnste in Wien. Siehe
ÃŒber ihn in Rich. Kraliks und Hans Schlitters "Wien, Geschichte der Kaiserstadt und ihrer Kultur" (Wien, 19:2),
Seite 658. Eine sehr schöne Monstraxiz fÃŒr die Kirche in der PraterstraÃe war auf der jubilÀumaausstellung
des Ãsterreichischen Museums im jahre 1914 zu sehen.
H- Ebenda II, Seite 5 H".