A Künstlerprofile
Gerda Düring
l
Massenmedrum. Siebdruck
Gesellschaft, Ausschnitt. Siebdruck
Das Rennen mit der Zßtt. Siebdruck
Manipulanten. Siebdruck
Gerda Düring
(rbwN-I
„Es sind mehr Leute mit Ihnen beschäftigt, als
glauben", sagt der Reiseleiter. Sa begann die
Malerin und Grafikerin Gerda Düring einmal
einen Essay über eine van ihr unternommene
nach Ägypten. Die Meinung des Reiseleiters t
aber nicht nur für die Arbeiten eines jeden
Publizisten ihre Berechtigung, sie gilt ganz
ders für die Situation des bildenden Künstler:
heute. Gerade dann, wenn man ein kritischer
genasse ist, ein gesellschattskritischer Zeitger
etwa wie Gerda Düring.
Frau Düring wurde in Wien geboren, era
an der Akademie für angewandte Kunst ihr
und lebt nun seit langem in Salzburg. Sie bt
sich bereits an vielen Gruppen- und zahlreich
Einzelousstellungen, unter anderen in Konstai
Brescia, Rom, Wien, New York, München, Lug
Tokio und AtlantalGeorgia. Zahlreiche Reise
ten sie nach Italien, Jugoslawien, Griechenlar
östliche und westliche Mittelmeer.
Für eine besessene Zeichnerin wie Gerda Dür
die Forbstitt, Olkreide und Papier die notwen
sten Lebenselemenle sind, ist die Wirklichkeit
paradiesisch. Die Leiblichkeil ist hößlich, deri
der geistige Mensch vor allem, ist deformiert,
formt durch Rücksichterln und Hinsichterln, du
Gschattln und Gschötterln, verdörrt wie ein
Spinnen ausgelaugter Fliegenkörper, marbide
worden in seiner Persönlichkeit. Die "G'sel
eben, ienes eigentümliche Gemisch von Mens
in ihrem täglichen Tun oder vielmehr Un-Tun,
ihren Machtgelüsten, Bosheiten und Gerneinhi
sie ist die Zielscheibe von Durings aggressive
Arbeiten.
Will man Gerda Dürings Zeichnungen „lese
man sie entziffern, sa muß man die einzelnen
„Buchstaben" in ihrem Zusammenhang sehen.
Denn sie werden nicht wie abstrakte Einzelze
gesetzt, sie sind keine Hieroglyphen, keine
Geheimschrift über Mensch oder Natur. Sie si
eingegassen in den Sinn eines Bildes, in die
„ätzenden" Themen, wie „Abrüstungskontere
„Untergebenst Getertigte", „Manipulation",
Rennen mit der Zeit" oder gar die ganze „Ge
schatt". Sie gehen ineinander über, die einzel
Buchstaben, verschmelzen beim Lesen, geben
das Sichtbare wieder, sondern machen sichtbc
Das Thema wird vorerst fixiert, angerissen, dr
rasen Olkreide und Farbstift über die Fläche,
dichten sich zu Strichbündeln, unheimlich trä
ihrem irregulären, in ihrer Spontaneität.
rinnbar kreisen die Linienwirbel, die Strudel.
Sicher ist es nicht neu e muß immer etwas
den" werden? -, Kunst als Ausdruck des See
als „Expressian" aufzufassen und zu verstehe
ist auch nicht neu, Gesellschaftskritik zu be
Neu aber ist immer wieder die persönliche
schritt als Ausdruck einer schöpferisch wie kri
eigenwilligen Erscheinung. Wird damit e wie
den Arbeiten von Gerda Düring - ein hohe
Maß an Qualität verbunden, so wird eine
Problematik unserer Zeit, eben hier die der
„GesellschafW, mit allen ihren Zwiespölten
Spannungen klar deutlich. Daß dabei Frau Di
ihr Verhältnis zur Welt zeichnend ordnet, ist i
Sache. Daß der Betrachter, erkennt er sich s:
Spiegel ihrer Arbeiten, oft nur mit dem Schre
davonkommt, die seine.
Franz t
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uß um-
Zeichnung mit Collage, 1971
Drago J. Prelog
Stiegengebirge, 1971. UllLwd,
141 xUO cm
Radierung, 1970
Red Mountains Cathedml,
AcryllLwd, 150 x ws Cm
1971,
5
Drago J. Prelog
Der seit längerem in Wien lebende Künstler wurde
am 4. November 1939 in Cilli, Jugoslawien, geboren.
Von 1954 bis 1958 besuchte er die Kunstgewerbe-
schule in Graz, die in diesen Jahren auch Franz
Ringel und Peter Pongratz zu ihren Schülern
rechnete. Darauf folgten Studien an der Akademie
der bildenden Künste in Wien, bei Professor Albert
Paris Gütersloh (1958-1962). Prelog ist seither als
freischaffender Künstler, aber auch als Assistent
am zuletzt genannten Institut tätig. Seit 1959 (als
er noch dem Kernteam der inzwischen aufgelösten
Galerie zum Roten Apfel in Wien 3 angehörte)
verzeichnet die Biographie des Künstlers regelmäßig
Einzelausstellungen und etwa 40 Ausstellungs-
beteiligungen. 1972 stellte ihn DDr. W. Skreiner mit
50 Exponaten in der Neuen Galerie des Grazer
Joanneums vor, 1973 die Galerie Schottenring
inWßm
Prelog, den man gleich zahlreichen anderen seines
Alters zu den immer stärker in den Vordergrund
tretenden Außenseitern und Nonkonformisten der
österreichischen Kunstszene rechnen muß,
beschäftigte sich ursprünglich mit den Möglichkeiten
des lnformel. Seine vehement rhythmisierten,
paesievollen Schriftbilder können als sehr
persönliche Zeugnisse sensiblen Einfühlungs-
vermögens und spontanen Reagierens charakterisiert
werden. Sie waren keine Eintagsfliegen, sondern
das bewußt erarbeitete Ergebnis eines konstanten
Bemühens, das Freiheit mit Ordnung und die
Möglichkeiten des Handschriftlichen mit feinsten
malerischen Nuancierungen zu verbinden wußte.
Prelog hat in der ersten Hälfte der sechziger Jahre
Aquarelle und Gauachen geschaffen, die in ihren
Spitzenleistungen mit zum Überzeugendsten und
Schönsten zählen, was auf vergleichbarer Basis in
unserem Land entstand.
Noch einer Ubergangsphase beschäftigt sich der
technisch vielseitige Maler und Grafiker seit
1969170 gezielt und folgerichtig mit den Möglich-
keiten einer neuen Gegenständlichkeit. Acrylbilder
und grafische Blätter (darunter auch zahlreiche
Radierungen) dokumentieren Prelogs bereits sehr
typisches Bemühen um eine neue dialektische Wirk-
lichkeitsfindung und ihre individuell bestimmte
künstlerische Definition. Prelogs dominierende
Motive dieser Periode waren und sind Berge,
Mauern, Treppen und Landschaften. Mit einem
leisen Anflug von Ironie bringt Prelog diese
Ausgangspunkte und Assoziationsketten in ein sehr
freies künstlerisches Wechselspiel. Das Phasen-
und Ausschnitlhafte wird dabei Methode. Prelogs
„neue Landschaften" bekommen Modellcharakter.
Sie fungieren stellvertretend für Vergleichbares
und ziehen die synthetische Summe möglicher An-
sätze. Die dadurch provozierte Vielschichtigkeit
bleibt iedoch immer exemplarisch, was ebenso für
die bildnerische Umsetzung wie für die Verkettung
und Verschmelzung der symbolhaft und mit einem
Anflug von „sachlicher" Romantik ausgewählten
Motive gilt.
Drago J. Prelog weiß bei alledem um die richtige
Balance. Die von ihm vorgenommene Zusammen-
schau ergibt autonome, spannungsreiche Bilder fern
ieder simplifizierten inhaltlichen Aussage. Das be-
dingt eindeutigen formalen Vollzug, eine über-
schau- und nachprüfbare Komposition und die - von
Prelog mit Kännerschaft gehandhabte - Verbindung
grafisch-zeichnerischen mit malerisch-flächigen
Möglichkeiten.
Prelog vermittelt in seinen Bildern und grafischen
Blättern der letzten Jahre eine neue, von Sensibilität
getragene Seherfahrung. Was er zeigt und in
harmonischer Weise in eine vielschichtige
Nachbarschaft bringt, sind Übergänge von
Landschaft und Architektur im Sinne einer neuen
künstlerischen Struktur. In ihr haben innerhalb einer
großzügigen und freien Konzeption konstruktive und
expressive Elemente ebenso Platz wie die Motorik
und lmprovisationsgabe des Handschriftlichen.
Peter Baum
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