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Volltext: Monatszeitschrift XIX (1916 / Heft 1 und 2)

Ganz anders spiegelt sich das Bild einer Mode, die der Geschichte 
angehört, wie jenes, das Geschichte werden soll. 
Geschichtliche Modebilder, abgeschlossen in sich, bringt die historische 
Abteilung, welche aus den BestÀnden des k. k. Österreichischen Museums 
auf der Galerie des SÀulenhofes ausgebreitet ist. 
Diese Ausstellung, deren Anordnung von dem Vizedirektor Regierungs- 
rat Dr. Dreger und dem Bibliotheksvorstand Regierungsrat Ritter durch- 
gefÃŒhrt worden ist, umfaßt Kleidungen und Kleidungsbestandteile von der 
Mitte des XVIII. bis zur Mitte des XIX. Jahrhunderts und greift nur in 
wenigem ÃŒber diesen Zeitabschnitt hinaus. 
Die Grenze wurde so gezogen, daß die Kleidung der letzten zwei 
Generationen ausgeschaltet wurde; dies vermittelt eine gewisse Distanz 
fÃŒr den Überblick und gibt zugleich jener Zeitspanne Ausdruck, innerhalb 
welcher die Sympathien fÃŒr die Vergangenheit von neuem lebendig zu 
werden pfiegen. 
TatsÀchlich erinnert man sich heute ja so gerne wieder der GroßvÀter- 
zeit  auch in der Mode. Wichtig ist auch, daß der vorgefÃŒhrte historische 
Zeitraum bereits jenes Pathos und jener getragenen WÌrde Àlterer Perioden 
entbehrt, die auch uns gÀnzlich ferne liegen. 
Hingegen ist die Anmut und Leichtigkeit des Lebens wie des Schaffens, 
der Sinn fÃŒr Lebensgenuß und geistreiches Spiel darin, die "eine uns noch 
verstÀndliche Sprache und Lebensauffassung widerspiegeln, wenn sie auch 
EinflÃŒsse der romanischen Welt zeigen. Namentlich vom Beginn des 
XIX. Jahrhunderts ab tritt dann schon die österreichische Note stark in die 
Erscheinung und es ist fÃŒr das Ziel der Veranstaltung nicht ohne Bedeutung, 
daß wir hier den energischen Anfang einer Befreiung vom französischen 
Einfluß erkennen, der noch im XVIII. Jahrhundert ÃŒbermÀchtig war. 
Im XIX. Jahrhundert treten die Wiener Erzeugnisse schon stark hervor, 
die sich endlich in der Schubert-Zeit, in der Periode WaldmÃŒllers, Daflingers, 
Fendis, Eybls, Dannhausers zu ausgesprochenen Wiener Typen verdichten. 
Eine große Zahl von Malern, die mit der Darstellung der Gesellschaft, 
mit dem PortrÀt und dem Sittenbild gerade zum Ruhme der österreichischen 
Form so viel beitrugen, drÃŒcken zugleich auch die Beweglichkeit, Lieblichkeit 
und Besonderheit der alten wienerischen Art aus, mit der man heute so oft 
und so gerne Staat macht. 
So sehr auch der Kontakt mit der Pariser Mode noch seine Wirkung 
besaß, er vermochte doch nicht mehr die Wiener Erscheinung so zu binden, 
wie in den vorher abgelaufenen Perioden. Mit dem Auftreten der starken 
Betonung bÌrgerlichen Lebens beginnt die intemationale FÀrbung gegen- 
ÃŒber einer lokalen zurÃŒckzutreten. 
Dabei bleibt aber das Charakteristische, die Einheit des Geschmacks, 
auch im XIX. Jahrhundert noch so lange ungetrÃŒbt, als der gesellschaftliche 
Zusammenschluß ein enger, die AutoritÀt maßgebender Kreise eine unge- 
brochene war.
	        
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