und, wenn wir wollen, auch leer. Dieser Figur gegenüber ist Giambologna
unbedingt antikischer. Man vergegenwärtige sich - um eine Gewandtigur
zum Vergleich heranzuziehen - den heiligen Lukas in der Nische von Or
San Michele: eine antike Philosophenstatue, gesehen durch den Geist des
Zeitalters Michelangelos; ein Zeus- oder Poseidon-Kopf auf dem Beingestell
des Demosthenes nach Polyeuktos des Vatikans. Zu diesem Werke Giam-
bolognas kann unsere Statuette nur als Gegensatz angeführt werden: zwar
ist schon der Kontrapost Michelangelos da, aber der Leistung eines noch
fest an den naturalistischen Quattrocento-Überlieferungen gebundenen
Florentiners aufgezwungen. Dasselbe gilt auch für den Berliner Christus.
Kann nun, für unser und für das Berliner Stück, noch an Giam-
bologna gedacht werden? Die Entwicklung der Borentinischen Cinque-
centokunst ist noch nicht ergründet und wir sind noch weit davon, uns
sicher in dieser Periode zu bewegen. Dennoch will ich es nicht unver-
sucht lassen, stilistische Annäherungsglieder für unsere Statuette zu suchen,
bewußt - wie anfangs betont wurde -, auch in diesem Falle nur bei-
läuiige Werte zu schaffen. Als Einleitung zur Besprechung unserer Johannes-
Figur haben wir den Horentinischen
Manieristenkreis der ersten Cinquecento-
hälfte berührt und die beiden Sansovino,
Andrea Contucci und Jacopo Tatti,
Lehrer und Schüler, erwähnt. Der
stilistische Zusammenhang dieser zwei
Künstler kann dahin gedeutet werden,
daß beim jungen Jacopo, neben der
evidenten Anlehnung an den Meister (der
noch auf den Traditionen des XV. Jahr-
hunderts fußt), der neue Geist Michel-
angelos sich ankündigt; daß er aber
nicht römisch wird, sondern, wie sein
Freund Sarto, iiorentinisch bleibt.
Während der heilige Johannes des
Contucci in der Kathedrale von Genua
noch an den Werken der Quattrocento-
Marmorari gemahnt, ist der elegante,
nervös-zierliche heilige Jakobus von
Tatti in S. M. del Fiore zu Florenz durch
und durch das Werk einer neuen Zeit.
Er ist aber auch rnit unserer Johannes-
Statuette verwandt. Vor allem in der
ausgesprochenen S-Linie, welche beiden
Figuren Bewegung und Richtung
Abb. 18. Imperator, venezianisch, Ende des Verleiht; dann aber auch in der Starken
XVI. Jahrhunderts Betonung von Stand- und Spielbein, in