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Volltext: Monatszeitschrift XIX (1916 / Heft 8 und 9)

Daß sich der Kaiser, bevor er an Saurer schreiben ließ, bereits für einen 
bestimmten Künstler entschieden und mit demselben alle näheren Details 
besprochen hatte, ist wohl anzunehmen. Denn wenn er schon auf eigene 
Kosten eine Tafel machen ließ, wird er die Wahl des Malers und den Gegen- 
stand der Darstellung nicht dem Gutdünken seines Vitztums überlassen 
haben, dem doch lediglich die Flüssigmachung des angewiesenen Betrages 
oblag. Ebenso wahrscheinlich ist es, daß sich der Kaiser in Schwaben in 
erster Linie an einen schwäbischen Meister gewendet hat, und wer schien 
da eher zur Übernahme dieses für damalige Verhältnisse nicht schlecht 
bezahlten Auftrages berufen denn der altbewährte Hofmaler Bernhardin 
Strigel? Darum ist es sehr wohl möglich, daß der letztere noch während 
Maximilians Anwesenheit in Memmingen oder eventuell später in Augsburg 
die ersten Skizzen zu dem neuen Gemälde entworfen hat, bei welchem 
selbstverständlich im Bildinhalt auf den Umstand Bedacht genommen wurde, _ 
daß die Hietzinger Kapelle der Jungfrau Maria geweiht war. Ein „Tod der 
Maria", wie wir ihn auf dem Straßburger Bilde finden, war demnach ein 
ganz passender Vorwurf für die vom Kaiser gestiftete Tafel, und es wird 
dies mit Recht als eirier der Gründe angeführt werden können, die für 
die Identität des Straßburger Marien-Todes mit dem für Hietzing bestellten 
Altarbild sprechen. 
Es soll hier aber auch gleich auf den gewichtigsten Einwand hingewiesen 
werden, der gegen diese Annahme vorgebracht werden kann. Was hat, wird 
man fragen, Bischof Slatkonia mit der Hietzinger Kapelle zu tun? Warum 
hat der Maler ihn in den Vordergrund gestellt und mit allen Merkmalen des 
Stifters ausgestattet, wenn doch in Wahrheit die Widmung der Tafel vorn 
Kaiser ausging? 
Zur Erklärung dieses in der Tat befremdenden Umstandes müssen wir 
einen kleinen historischen Exkurs unternehmen und insbesondere die recht- 
liche Stellung der I-Iietzinger Kapelle zum Bischof von Wien näher ins Auge 
fassen. 
Wie Dr. Pauker in seiner Monographie über die Pfarrkirche von Hietzing 
(Wien 189g) an der Hand archivalischer Studien auf pag. 69 ff. darlegt, 
gehörte die I-Iietzinger Kapelle ursprünglich dem Deutschen Orden, kam aber 
im Jahre 1253 auf dem Tauschwege an das Stift Klosterneuburg, das von da 
ab durch die Beistellung eines eigenen Beneüziaten für die ständige Auf- 
rechterhaltung des Gottesdienstes sorgte. Es war im Jahre 1517, während 
der Amtsführung des Benefiziaten Christian Wydmer, als ein heftiger Streit 
zwischen dem genannten Stifte und dem Wiener Bistum wegen der Leben- 
schaft und des Patronatsrechtes über die Kapelle in Hietzing ausbrach, der 
dann auch auf die Frage der jurisdiktion und des Präsentationsrechtes 
übergriff. Die Veranlassung dazu bot eine Urkunde Kaiser Maximilians 
de dato Baden, I. Oktober 1517 (abgedruckt bei Pauker, 1. c., pag. 77), in 
welcher dem Wiener Bischof Georg Slatkonia alle von den österreichischen 
Herzogen im Laufe der Iahrhunderte an das Wiener Bistum überlassenen
	        
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