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die Worte IOANNES CI-IRHSTI] . . . . wahrnehmen. Indem sich hier
Cuspinian samt seinen Angehörigen durch die obigen Beischriften mit der
Familie des galiläischen Fischers Zebedäus identifizierte, dessen Söhne
Jacobus (maiorj und Johannes nach dem Evangelium Matthäi 4, 21 (und
Ev. Marci I, 19) von Jesus unter die Apostel berufen worden waren, wollte
er dem Bilde oHensichtlich einen „biblischen" Anstrich geben.
Es ist nun eine höchst bemerkenswerte, schon von Theodor von
Frimmel": festgestellte Tatsache, daß sich auch auf dem Gegenstücke der
Cuspinian-Tafel, dem kaiserlichen Gruppenbildnis, derartige der heiligen
Schrift entnommene Namensbezeichnungen finden. Bei oberflächlicher
Betrachtung zeigen sich allerdings ganz andere Aufschriften. Über dem
Porträt Maximilians liest man die Worte: MAXIMILIANVS. I. IMP.
ARCHIDVX AVSTRIZE DVX BVRGVNDIIE, über Philipps und Marias
Köpfen: PHILIPPVS I-IISP. REX. I. ARCHIDVX AVSTRIZE, beziehungs-
weise MARIA DVCISSA BVRGVNDIIE MAX. VXOR und unter Karls
und Ferdinands Gestalten steht an der Brüstung: CAROLVS V. IMP.
ARCHIDVX AVSTRIIE sowie FERDINANDVS. I. IMP. ARCHIDVX
AVSTRUE. Ludwigs Name LVD OVICVS REX HVNG: ET BOI-IEMIIE
wurde in Errnanglung eines geeigneten Platzes auf der Pergamentrolle an-
gebracht. Indes beweist aber Ferdinands Betitelung deutlich, daß alle diese
Überschriften erst viele Jahre nach Strigels Tod hinzugefügt wurden; denn da
Ferdinand hier bereits als Kaiser bezeichnet ist, können die Überschriften
nicht vor 1558 auf das Bild aufgesetzt worden sein. Sieht man sich dann
die Tafel etwas genauer an, so macht man die überraschende Entdeckung,
daß unter den eben angeführten Namen, durch die deckende Farbschichte
teilweise unleserlich gemacht, I-Ieiligennamen stehen, die wie beim
Cuspinian-Bilde dem Kreise der heiligen Sippe entnommen sind. Es ist
Baldass Verdienst, diese, wie gesagt, bereits von Frimmel bemerkten über-
malten Sippennamen als erster publiziert zu haben, und zwar entzifferte er
(l. c., pag. 273f.) folgendes:
Unter MAXIMILIANVS etc. stand ursprünglich:
CLEOPl-IAS. FRATER. CARNALIS. [I0]
SEPI-II. MARITI. DIVIE. vmc. MARIIE.
Von Philipps des Schönen Beischrift konnte Baldass nur das I-IIEROSO-
LYMYTANVS der zweiten Zeile lesen. Jedoch gelang mir, als ich mich
seinerzeit unabhängig von Baldass mit diesen Überschriften beschäftigte, auch
die Entzifferung der drei ersten Worte. Man sieht also (im ganzen) noch:
I. _n_
IACOBVS MINOR FR.
I-IIEROSOLYMYTANVS.
" Theodor von Frimmel, Geschichte der Wiener Gemlldesammlungen, I. Hnlbband: Einleitung und
Geschichte der kaiserlichen Gemäldegalerie (Leipzig 1899), png. 584 f.