der Tochter des Kaisers von Österreich. Am I0. Juni x81o gab die Stadt
Paris zu Ehren der Neuvermählten ein Nachtfest, dessen Dekorationen:
Gemälde, Transparente und Statuen, abermals von Prud'hon entworfen
wurden. Auf Geheiß des Seinepräfekten, dessen Hand wohl bei all den
genannten städtischen Aufträgen im Spiele ist, schuf Prud'hon aber auch
die Zeichnungen zu der bereits erwähnten Toilette für die Kaiserin. Aus-
geführt wurde das Ganze von Odiot und Thomire. Zur Toilette gehörten
folgende Gegenstände: ein Spiegeltisch, Kassetten für Geschmeide, ein Steh-
spiegel oder ein Ofenschirm („psyche ou e'cran"),i ein Lehnstuhl, eine
Waschgelegenheit und ein Fußteppich. Vom Teppich abgesehen, waren all
diese Dinge mit Ausnahme der Kassetten aus vergoldetem Silber (Vermeil)
und Lapislazuli. Nichts davon ist mehr erhalten. Im Jahre 1815, als Napoleons
Stern erlosch, wurde die Toilette nach Parma geschafft, wo sie der Graf
von Bombelles unter dem Vorwand, sich auf diese Weise Geld für die von
der Cholera, die damals gerade in der Stadt wütete, Heimgesuchten zu
verschaffen, zerschlagen und einschmelzen ließ. Die Arbeiter, die das Werk
der Zerstörung verrichten mußten, vergossen dabei Tränen, und ein parme-
sanischer Regierungskommissär wachte persönlich darüber, daß bei der
Vernichtung nichts auf die Seite gebracht wurde. Erhalten haben sich nur
die schriftlichen Programme des Künstlers, Schilderungen von Zeitgenossen,
Zeichnungen Prud'hons (vierzehn solche waren 1880 in Paris auf der Expo-
sition de Dessins d'Ornement ausgestellt), eine Lithographie und Abgüsse
nach ein paar plastischen Einzelheiten.
Prud'hons Entwurf zu einer Medaille, die auf den Empfang des Kaisers
im Pariser Rathaus hätte geprägt werden sollen, scheint nicht ausgeführt
worden zu sein. Ein Bleistiftbildnis Napoleons wurde von Tardieu gestochen.
Zweimal hat Prud'hon die Kaiserin gezeichnet: einmal in ganzer Figur, das
anderemal als Büste im Profil nach links; nach diesem zweiten Porträt
gibt es einen Stich in Punktiermanier von Flameng. Auch die Züge des
kleinen Königs von Rom hat Prud'hon mit Stift und Pinsel festgehalten.
Eine Zeichnung stellt ihn im Profil nach rechts innerhalb eines Quadrates
dar, unter dem sich ein Medaillon mit der Wölfin, die Romulus und Remus
säugt, befindet. Ein lebensgroßes Bildnis, das 1812 im Salon ausgestellt war
und von der Kritik sehr gerühmt wurde, soll sich zu Wien im kaiserlichen
Privatbesitz befinden. Von diesem Bilde machte der Künstler um 1820 eine
kleine Wiederholung, die von Achille Lefevre gestochen wurde. Außerdem
haben sich zu diesem Bilde zwei Skizzen erhalten."
" Mantz entscheidet sich a. a. O. nach der Zeichnung flir das letztere: „. . . _un ecran qui, par ses dimen-
sions et par sop cadre, aiTectait la forme d'une psyche".
'" So Clement in seinem schon zitierten Buche. Ob sich du größere Bild noch im Besitz Seiner Majestät
des Kaisers befindet, ob es sich da je befunden hat, ist hier leider nicht festzustellen. Dagegen befindet sich allem
Anschein nach die kleinere Wiederholung, die nach Clernent für M. de Chamhure gemalt wurde und - x87: s
M. Raynaud zu Castres gehörte, jetzt in Wien, und zwar im Besitz Seiner Exzellenz des Herrn Geheimen Rates
Dr. Rudolf Sieghan. der das Bild aus der Sammlung des Herrn Hofrates Dr. Gustav ]urie' Edlen von Lavandal
erworben hat. Das Bild (Öl auf Leinwand) ist ebenso groß (zirka 46:56 Zentimeter) wie der Stich, der im gleichen
Sinne gehalten ist, und ist am Saume des blauen Vorhanges rechts bezeichnet: „P-PJPRUDHON 181i".
Diese Datierung bedeutet wohl nicht die Entstehungszeit des kleineren Bildes, sondern die der lebensgroßen