Abb. 3. Tullio Lombardi, Wunder an dem Geizbalse (Padua, Same)
in der Assimilierung und Wiedergabe der Antike und nähert sich selb-
ständig der Antike, so daß man bei ihm von einem primären, ver-
mittelten und einem direkten antiken Einfluß sprechen kann. Dieser ist die
Konsequenz des ersteren, die Folge des eng mit Donatello verbundenen
toskanischen Einflusses in Oberitalien, ein Weiterbauen auf gegebenen
Prämissen, dessen Endprodukte von der Künstlerindividualität abhängig sind.
Die thronende Madonna, welche Donatello am Ende der Vierzigerjahre
des Quattrocento in Bronze für den Hauptaltar des Santo zu Padua schuf,
ist eine Vorläuferin unserer weiblichen Holzfigur. Der antikisch verarbeitete
Kopf mit den am Scheitel geteilten Haaren und den in symmetrischen
Bündeln auf die Schultern fallenden Locken kündigt einen Typus an, den
wir über Andrea Briosco und Tullio Lombardi bis hinauf in die erste
Cinquecentohälfte verfolgen können: ein Urbild für den Kopf unserer
„Prudentia" und der ihr verwandten Gestalten, dessen Weiterbildung wir
auch 1antikisch-donatellesker) bei Riccios Figuren wiederfinden. Die Sphingen
des großen Osterleuchters (1507 bis 1516) im Santo zu Padua und besser noch
die in Himatien gehüllten Frauengestalten an dessen Fuße zeugen sowohl
für Donatellos Einfluß, wie auch für eine neue und direkte Annäherung