bringt. Auch etwas Eigenwilliges kann nicht schaden, wenn es liebenswürdig
auftritt. Je mehr Versuche ermöglicht werden, desto eher wird man das
Richtige treffen.
Gerade Wien durfte sich ja immer einer gewissen Anmut in seinen
Schöpfungen rühmen; so können wir hoffen, daß es gelingen werde, Wien
auf diesem Gebiete den gebührenden Platz wieder zu erobern.
AUS DEM WIENER KUNSTLEBEN Sie VON
HARTWIG FISCHEL-WIEN S0-
KÜNSTLERHAUS. Für kurze Zeit waren im Wiener Künstlerhause fünf Gemälde
von Fritz Zerritsch zu sehen, welche für die neue Fliegerkaserne in Wiener-Neustadt
bestimmt sind, deren Anlage den Architekten Theiß (Theiß ä jaksch) zum Urheber hat.
Für die sehr weitläufige, aus mehreren Gebäudegruppen bestehende Neuschöpfung - sie
ist auch mit Rücksicht auf den besonderen Zweck ein Novum in Österreich - ist ein
Repräsentationsraum, der Offizierspeisesaal (8-5 Meter X 16 Meter), vorgesehen. Eine
schwarze Eichentäfelung mit ruhigen Gliederungen umschließt den Raum in ansehnlicher
Höhe und ergibt über vier Türen und über dem Büfett Felder, welchen ein Schmuck durch
Wandbilder zugedacht wurde.
Fritz Zerritsch hat die Aufgabe in würdiger Art gelöst. Sowohl der Architekt als der
Maler sind in ihrem Bestreben nach Einfachheit, Kraft und Würde ähnlichen Zielen
zugestrebt und wenn ein abschließendes Urteil über das Gelingen der gemeinsamen Arbeit
wohl erst nach Vollendung derselben abgegeben werden kann, so fühlt man doch aus den
Entwürfen, die zur Schau gestellt waren, und den Bildern einen verwandten ernsten Sinn
hervortreten.
Das tüchtige Naturstudium, über das der Maler verfügt, war ihm bei der Bewältigung
der vorwiegend dekorativen Aufgabe zugleich Stütze und Hemmnis. Er ist wohl zu einer
großformigen, einfachen Umrißbildung, zu starken farbigen Kontrasten gelangt, bleibt aber
doch jeder geometrischen Strenge, jeder Symmetrie in architektonischem Sinne und der
vollkommenen Flächenhaftigkeit ferne. Er betont immer noch Luft und Raumwirkung
und die naturalistische Tonskala. Damit hat er sich dem Verständnisse eines größeren
Beschauerkreises angepaßt; den strengeren neuzeitlichen Forderungen nach Unterordnung
unter das Gesetz der Fläche ist er nicht ganz nachgekommen. Er wird es vielleicht immer
mehr tun, je häufiger ihm Gelegenheit zuWandbildern gegeben wird, denn schon in diesen
Werken liegt ein Bemühen um kräftige, einfache Ausdrucksweise und Übersetzung der
räumlichen Vorstellung in die Fläche.
In diesen Arbeiten liegt ein Ringen der Künstler mit sich selbst und Streben nach
höheren Zielen, die würdig und groß sind. Sie stehen damit auf fruchtbarerem Boden als
die Vorführung, welche kurze Zeit später dieselben Wände zu füllen bestimmt wurde.
Die l-lerbstausstellung der Wiener Künstlergenossenschaft unterscheidet sich in
nichts Wesentlichem von ihren älteren Vorfahren. Dieselben Persönlichkeiten, die bisher
das mondäne Porträt gepflegt haben, oder intime Ausschnitte aus dem alten Wien, aus den
Donaustädtchen oder anderen Teilen Österreichs mit gleichmütiger Fertigkeit und Natur-'
liebe brachten, sind wie in Friedenszeiten tätig und werden, mehr wie im Frieden, von
einem kauflustigen Publikum gefördert. Wenn eine aus dem Kriegspressequartier gesandte
Studie oder eine ganze Folge von solchen ausgestellt wurde, so spricht auch aus ihnen
die konventionelle Naturschilderung, das Porträtieren der Natur. Der starke Atem einer
neuen Zeit, neuer großer Erlebnisse, persönlicher, eigener Stellungnahme weht nicht in
ihnen. Auch da, wo jüngere Kräfte in die Reihen der älteren Mitglieder treten, weist kein