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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XIX (1884 / 227)

Papyrus Erzherzog Rainer. 
III. 
In unserem letzten Berichte über den Fortgang der Papyrus-Arbeiten 
im k. k. Oesterr. Museum und deren wichtigste Ergebnisse waren zehn 
in dieser Urkundensammlung vertretene Sprachen constatirt worden. Nun- 
mehr ist eine über 200 Stücke (darunter 180 Pergamente) enthaltende 
elfte Gruppe hinzuzufügen, deren Documenta, soweit nach den cursivischen 
Zügen zu urtheilen ist, derselben Sprach- und Schriftgruppe wie die 
bisher noch unentzilferten meroitisch-äthiopischen Steininschriften 
angehören. Die Zahl der hebräischen Papyrus, welche die bis jetzt 
ältesten in der Quadratschrift geschriebenen Documente repräsentiren, 
ist auf 24 gestiegen. Unter den neuerdings gefundenen Resten griechischer 
Schriftsteller erregen besonderes Interesse die in schönster alexandrinischer 
Kalligraphie geschriebenen Stücke von Ilias-Rollen, in denen sich 
größere Theile des II. und Bruchstücke aus dem I., IV., VIII. und 
XVII. Gesauge - im Ganzen 18x Verse _ vorfinden. Ferner fanden 
sich zwei zusammengehörige Fragmente eines nicht erhaltenen Epos, 
aus denen noch so viel zu ersehen ist, dass es sich um die Sage von 
Phineus handelt; dann eine Uebersicht der I-Iimmelsdecane, eine genea- 
logische Abhandlung und von der in unserem letzten Berichte erwähnten 
ästhetischen Abhandlung neue Stücke, sowie ein drittes zu den früheren 
gehöriges Thukydides-Fragment. Unter den theologischen Texten 
sind hervorzuheben das Fragment einer Papyrus-Rolle, welche das Evan- 
gelium Matthäi enthielt und wohl in das dritte Jahrhundert zu setzen 
ist, und ein Act, welcher eine Christenverfolgung betrifft. Endlich sind 
neue Urkunden aus der Zeit des Marc Aurel, Hadrian und Trajan hinzu- 
gekommen. Das bisher älteste datirte griechische Stück des Faiiümer 
Fundes liegt in der erzherzoglichen Sammlung in einer wohlerhaltenen 
Urkunde aus der Regierungszeit Domitian's vom Jahre 94. n. Chr. vor. 
Alles überragend ist unter den arabischen Papyrus der Fund 
eines officiellen Stückes von I9 Centimeter im Geviert aus dem dreißig- 
sten Jahre der I-lidschra, d. i. 650 n. Chr. Dasselbe wurde demnach 
unter dem Khalifate Osman's achtzehn Jahre nach dem Tode des Pro- 
pheten Muhammed und neun Jahre nach der Eroberung Aegyptens durch 
die Araber geschrieben. Diese merkwürdige Reliquie lässt alle Erwar- 
tungen, welche man bezüglich der Erhaltung arabischer Schriftstücke 
aus der Stiftungsepoche des Islam hegen mochte, weit hinter sich und 
beweist mit ihren unbeholfenen Zügen, was von Professor Karabacek 
schon vor zehn Jahren in "einem seiner Werke ausgesprochen wurde, 
dass der im Schatze des Sultans zu Constantinopel als Heiligthum ver- 
ehrte angebliche Brief Muhamrnecfs an den christlichen Statthalter von 
Aegypten, die von einem Koran-Kalligraphen für die Kopten besorgte 
iüngere Abschrift seines traditionellen Textes ist. Angesichts dieses 
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