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„Allein ihre Erzeugnisse stehen", heißt es weiter, „im Allgemeinen
den Bändern aus dem Lande unter der Enns sowohl an Schönheit als an
Güte weit nach!"
In den Neunzigerjahren des XVIII. Jahrhunderts konnte die Industrie
der Nachfrage, wie wir gesehen haben, in mancher Beziehung kaum
genügen; doch erfolgte dann ein großer Rückschlag durch die Kriegs-
ereignisse. Erst das Jahr 1813 brachte wieder einen Aufschwung, der, wie
wir erkennen werden, zunächst aber nicht lange vorhielt.
Einen Überblick aus der Zeit der Krise bietet uns der Aufsatz von
J. A. Demian: „Die Seiden-Manufacturen in Österreich unter der Enns"
(in Freiherr von Lichtensterns „Archiv für Geographie und Statistik", Wien,
für das Jahr 1804, 1. Band, besonders Seite 236 5.).
An erster Stelle wird hier wieder die „k. k. privileg. Schweitzer-Seiden-
und Floretband-Fabrik" des Thaddäus Berger in Penzing genannt. i" Sie
hatte den größten Absatz nach Bayern, Polen, Rußland, in die Türkei
und über Triest. „Der jährliche Verkehr dieser Fabrik wird zwischen
7,bis 800.000 Gulden berechnet." Unter den zahlreichen Bandarten werden
erwähnt: feine Louis-Doppelbänder, feine gewässerte Franzbänder, sehr
feine holländische und französische Doppelbänder, gemalte mit Dessins,
Modeband und Bänder „auf englische Art".
Als zweite wird die „k. k. priv. Schweitzer-Seidenband-Fabrik" von
Bernhard Ludwig Neuffer in Mödling angeführt, die also streng genommen
nicht hieher gehört; doch fällt Mödling immerhin auch in den engeren
Wirkungskreis Wiens. In dieser Fabrik wurden übrigens auch Taffete und
fassonierte Zeuge hergestellt. "Ü" Auch hier ging der größte Verschleiß nach
Polen, Rußland und in die Türkei.
Innerhalb der Linien Wiens fanden sich im Jahre 1803 zwölf „k. k.
privilegierte Schweitzer-Seiden- und Floretband-Fabriken", unter denen wir
folgende hervorheben wollen: Aumüller und Huber, der mit 37 Bandstühlen
' „ln Tyrol werden in mehreren Städten, zum Beispiel in-lnnsbruck, Trient, Roveredo, Batzen etc.
Seidenbinder verfertiget, doch kommen die feineren und geschrnacltvolleren aus anderen Ländern. Selbst in der
slovenischen Militär-Gränze sind auf dem gemeinen Webstuhle sehr schöne und starke seidene Ordensbänder
gewebt worden." (Keeß, a. a. O.)
Akt 75 ex Majo 1777 enthält die Nachricht, daß einige Jahre vorher in Prag 272 Stühle ohne die
30 Prager Posamentierer-Meister in Betrieb waren, und daß auch in Tirol die Biindererzeugung versucht wurde.
Nach Helene Deutsch wurde in Görz die erste auf „Paduaner Art" betriebene Bandfabrik im Jahre 1764
errichtet. Die erste böhmische Seidenbandfabrik war anscheinend die des Isaak Hirsch], die im Jahre 1758 einen
Regierungsvorschuß erhielt. In Mihren und Schlesien kam es nur zu vergeblichen Versuchen.
Berichte des ßomrnerzlConsess vom 12.September1756 und H". (noch 1766) sprechen von den Bemühungen
des Grafen Philipp von Sinzendorf, des früheren Präsidenten des Consesses, auf seiner Herrschaft Zelcking eine
Florband-Manufactur anzulegen. wo er die Probe mit David Rot: machen wolle. Vorher hat sich „die von dem
Juden Pollizer in Mähren angelegte Schweitzer Bandfabrik zerschlagen". Rott will ein Mädel „so in der facchini-
sehen Bänderfahrik ist" heiraten. Später finden wir "David Rott k. k. priv. Seidenhandfabrikant zu Nikelsdorf
[im jetzigen V. Bezirk] Nr. 16" (bittet um den Piaristengarten auf der Wieden). Er scheint ein früh eingewanderter
Schweizer (oder Süddeutscher ?) zu sein. Siehe auch 16 ex Januario und 1a ex Dec. 787.
"i" Sie beschäftigt im Jahre 1803 18a sogenannte Schweizermaschinenstühle und über 600 Personen.
Näheres über die Maschinen. Gehälter, über die verwendete (italienische, nicht Banater) Seide, Färberei und
anderes auf Seite 237. _
v" Der Werkmeister sowohl wie mehrere Gesellen waren Schweizer.