494
lwicklung der Wiener Bandweberei spricht es auch, wenn das im Jahre 1898
erschienene Werk über „Die Großindustrie Österreichs" sagen durfte: „ . . . .
die Mühlstühle werden in Wien heute noch wesentlich anders, als im Aus-
lande construirt und (es) hat das inländische System unleugbar die Vortheile
weitaus größerer Leichtigkeit in der Bedienung für sich)"
Wir sehen hier also das Ergebnis einer langen, sorgfältigen Arbeit vor uns.
Über die Absatzgebiete der Wiener Bandweberei haben wir im Laufe
unseres Aufsatzes schon Andeutungen gemacht. Es möge nur noch einiges
nachgetragen sein. Keeß erwähnt im Jahre 1820?" daß „gemahlte Atlas-
bänder" mit unechtem Golde und verschiedenen Farben früher viel nach
Ungarn verschickt wurden, zu seiner Zeit aber fast gar nicht mehr erzeugt
würden. Gerade hierüber haben wir schon von Känel gehört. Von schwarzen
musierten Samtbändern, deren Boden geschnitten, deren Muster aber nicht
aufgeschnitten ist, hören wir bei Keeß (Seite 417), daß sie „bloß noch in
Ungarn und Polen auf Kleider im Gebrauche" seien. Nach Ungarn vor allem
gingen auch die schwarz figurierten Samtbänder mit Zeichnungen in tiefer
liegendem Taffet.""'"" _ V
Gestreifte ordinäre Spiegelbänder, wobei „Spiegel" die glänzende Figur
bezeichnete, wurden viel nach Galizien gesendet.
Die sogenannten Bauernbänder (geblumte oder Grundfigurbänder)
gingen sowohl nach Oberösterreich als nach Ungarn.
Eine bestimmte Art leichterer Grosdetoursbänder hieß auch schlechthin
„Salzburger Bänder".
Dann hören wir von „faconirten Grosdetourbändern für die Bauern in
Österreich", auch von „faconirten Atlasbändern. . . . zum Gebrauch für die
Landleute". T
Für Bauernhüte (übrigens auch für Kleider und Tapeziererarbeiten)
waren auch geschnittene und in Farben figurierte Samtbänder beliebt, deren
Zeichnung in offen liegender Seide erschien. In Wien wurden sie in Nach-
ahmung der Crefelder und anderer zuerst im Jahre 1812 von Leonhard
Schlecht hergestellt und waren um 1820 noch stark im SchwangesH
"' (Zum 5ojährigen Regierungsjubiläum des Kaisers erschienen) Wien, Verlag von Leopold Weiß,
4. Band, Seite a5.
Die erwähnte Stelle lautet weiter: „Wiener Constructeure waren es auch, welche die von Philipp Hass
erfundene und his heute in den inländischen Fabriken fast ausschließlich verwendete Spindellade bis zur sechs-
reihigen Broschirlade ausgedehnt und ihr System in vorzüglicher Weise vervollkornmnet haben. Die später aus
dem Auslande zu uns gebrachte Doppellnde Endet sich im Princip schon hei dem seit einem Jahrhundert in
Niederösterreich gebräuchlichsten „TrittstuhW. Wie so oft, begegnet man auch da wieder einmal der merk-
würdigen Erscheinung, dass österreichische Erfindungen ins Ausland dringen und von dort nach einiger Zeit
als fremdländische Neuheiten und Errungenschaften zurückkehren."
Siehe dort (Seite 26) auch über die „Schweizer Spulmaschine". in Wirklichkeit das Wiener System von
Harpke und Laubeck. Vgl. zur ganzen Frage auch: W. F. Exner „Beiträge zur Geschichte der Gewerbe und
Erßndungen Österreichs" (Wien, 1873) Seite 286 ff.
i" A. a. 0., Seite 407.
i" A. a. 0., Seite 4x83.
1' A. a. 0., Seite 4x6.
'H' A. a. O., Seite 4x8.