Man ist der mechanischen Glattheit
und Ebenmäßigkeit der Farbe, die so
lange das Ideal des „Kenners" und den
Ehrgeiz des geschäftsmäßigen Töpfers
bildete, ebenso überdrüssig geworden wie
der naturalistischen Bemalung des Por-
zellans mit bunten Blumen und Figuren
im Geschmack von Sevres und Meißen.
Derartiges gehörte doch einer anderen
Epoche an, einer Epoche überfeinerten,
gezierten und gekünstelten Lebens. Um
das richtige Wesen der Töpferei zu er-
kennen, mußte man sich dem Orient zu-
wenden. In Persien, in Japan und in China
verstanden es die keramischen Künstler,
das Äußerste an Wirkung aus Töpfererde
und Glasur zu ziehen und die angewandte
Dekoration dem Material anzupassen.
Der herrliche matte Kupfer-, Silber- und
Goldglanz der persischen und mauri-
schen Töpfereien, die juwelenartige Far-
benpracht und zweckgemäße Stilisierung
der Bemalung des chinesischen Porzel- _.
lans und die so sorgfältig ausgedachte,
aber doch scheinbar dem Zufall über-
lassene Unregelmäßigkeit der Glasur und Ausstellung von Goldschmiedearbeiten in
der Form der frühen japanischen Steirk Breslau, 1905. Meßkelch von Ignatz Rieger
. . . . (KaLNr. 580)
gutware sind m Europa nie erreicht wor-
den und in England zum mindesten ist man erst in den letzten Jahren zur
Erkenntnis der unendlichen Überlegenheit dieser Kunsterzeugnisse des fernen
Ostens gelangt. Und während in den Kunstauktionen bei Christie und ander-
wärts das Porzellan von Sevres, sowie die alten Erzeugnisse von Worcester,
Derby, Chelsea, Bristol, Coalport, Swansea und andern berühmten englischen
Fabriken des XVIII. und frühen XIX. Jahrhunderts, noch staunenswerte
Preise erzielt, hat sich die schaffende Kunst von der damals befolgten
Richtung abgewendet und neue Pfade eingeschlagen, Pfade, die unver-
kennbar nach dem fernen Osten führen.
Da waren denn im ersten Saale der Arts and Crafts-Ausstellung zwei
Schaukästen gefüllt mit auserwählten Stücken der „Lancastrian Pottery" der
Firma Pilkingtons, aus denen mit einem Male zu ersehen war, daß den
Forschungen und Experimenten der Brüder William und Joseph Burton von
den lange verloren geglaubtenFarben- undGlasurgeheimnissen der asiatischen
Töpfer nichts verborgen geblieben ist. Da waren Farben von unglaublicher
Schönheit und Wirkung zu sehen, von der Glut der tropischen Pflanzenwelt,
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