aus Sonnenfäden gesponnen, am Quell gefunden ward. Da war das düster prangende
hohe Schloß am Meer, mit seinen mächtigen Toren, den hallenden Gängen, den weiten
Räumen, die sich in Dunkelheit verlieren und in denen ein scheues, zitterndes, licht-
hungriges Kind frierend sich bangt. Da war die Meeresklippe mit dem Blick ins Grenzen-
lose, wo aus dem drängenden übervollen Gefühl zweier junger Menschen eine Sehnsucht
sich löst, klagend, verschwebend wie ein Hauch in jene unermeßliche Ferne. Die Szene-
rien waren hier voll beseelten Wiederhalls und voll einer unendlichen Melodie.
Und Klimate anderer Art genoß man. Der Sommernachtstraum brachte ein Wald-
weben, das alle Motive der Shakespeare-Verse in klingende schimmernde Erscheinungen
verwandelte. Das Leben der Elementargeister in Busch und Strauch, über die Wiesen
hin und im Baumgcbüsch, voll Wispeln, Raunen, Flüstern, Huschen, Kichern ward gegen-
wärtig. Das waren keine Corps de Ballett-Elfen, das war wirklich ein luftiger, lustiger
Frühlingsspuk heiter beschwingter Geister. Flatterreigen durch das Dickicht der Stämme
hindurch, über den Rasenabhang und auf geblümten Wiesenplan. Durch diese Inszenierung,
durch dieses Waldinterieur mit seinen Lichtungen, Durchblicken, dem baumumstandenen
See, den Lichtern durch Zweiggerank und Blättergewirr, dem Zickzackrythmus des Reigen,
dem harmonischen Durcheinander ward der holde Zauber dieser Nacht zur lyrischen
Wirklichkeit.
Wieder eine andere Landschaftsstimmung trafen die Bilder zum Käthchen von Heil-
bronn. Hier kam es darauf an, in der Szene den Volkslied-, den Kinder- und Hausmärchen-
ton zu treffen; die deutsche Landschaft, in der die herb-süße Innigkeit des Käthchens
herzenstief wurzelt, mußte erstehen. Schwindfsche und Thoma'sche Lieblichkeit mußte
belebt werden und auch das geschah.
Grüner, sprießender Rasen breitete sich zwischen bemoostem Gemäuer. Und in dem
grünenden Lager sah man den Grafen Wetter liegen, blank ehern im I-larnisch, über den
sich spielend die Wiesenblumen rankten. Das war nicht nur ein schönes malerisches Bild,
sondern es gab ungezwungen, mit ganz natürlichen Mitteln ein sichtbar lebendiges Symbol
der Gefühlswelt des Dramas, einer Mischung des Spröden und des Lieblichen. Und zu
Schwind und Thema kam ein Anklang an Dürer und Cranach, und das sind die Heimats-
welten, in denen die lyrische Wahrheit des Kleisßschen Gedichtes wurzelt.
Eine szenische Symphonie über das Thema Venedig war die Reinhardtsche Auf-
führung des Kaufmanns. Es galt die bunte, wechselnde, verwinkelte Bühne der Intrigen,
Mummenschanze, Entführungen zu spiegeln. So ging ein Wandelpanorama kapriziöser
venezianischer Ausschnitte rundum. Schräg in die Szene geschobene Fassaden mit Fresken,
Mosaiken, vergitterten Balkonen; schmale Perspektiven, durch die hoch geschwungenen
Bogen zierlicher Brücken gesehen. Eine Szenerie voll Staccatorhytmus, stimmend zur
Unrast des Kommens, Gehens, Verschwindens, der Heimlichkeiten an den umschatteten
Ecken und dem umdunkelten Torbogen. Die Ahnungswirkung der Weite wurde suggestiv
benutzt, über die Brücken des Hintergrundes tollt Maskenzug, Fackelschein, Musik. Die
Luft ist voll Abenteuer und zum Balkon Jessicas klingt der Lockruf des Lebens. Diese
Szenen steigern sich beinahe an Phantastik, wenn man ihnen auf der Bühne unmittelbar
nah ist. Auf den Kreisschnitten der Drehbühne sind nebeneinander alle Stationen dieser
künstlichen Welt aufgebaut. Man blickt hier aus dem einen venezianischen Prospekt
wirklich in den andern hinein; geht Shylock in die Tür seines Hauses, so tritt er wirklich in
Jessicas Gemach. Auf dieser Rundscheibe schließt sich die Illusion zu einem voll-
kommenen Ring.
Und auch die Interieurs geben den Ausdruck und das Fluidum des Lebens und der
Existenz, die in ihnen sich regen. Das Zimmer in Shylocks Haus, abgeschlossen, fenster-
verhängt, voll der dumpfen Abgesperrtheit eines Harems, ist die Welt, aus der Jessica,
die lebenslüsteme, entfliehen wird, wenn es von draußen klingt und singt.
Und Porzias Gemach mit den goldenen edelsteininkrustierten Wänden, mit der Gold-
stiege, über die der farbige Chor der Dienerinnen, von Orlik in den Gewändern fein