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Beleuchtung wird dabei sehr stimmungsweckend verwandt. Der Akt der Automate
in einem weiten Empiresaal bekam durch das fahlviolette Licht etwas von einer Alp-
vision, einem beklemmenden Traumgesicht. Und im letzten Bild einer anderen Inszenierung,
der „Bohemc-f", ward eine bannende Wirkung durch das optische Mittel erzielt, daß in der
Dichtermansarde im grünen Dämmerlicht die Gestalten der Menschen in langen Schatten
sich auf den Wänden zeichnen. Ein gespenstisches Doppelspiel. Ein Callotsches Phan-
tasiestück.
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Von neuen Erwerbungen des Kupferstichkabirietts ist zu berichten. Wiener Ateliers
sind vorherrschend. Schrnutzersche Radierungen in weicher toniger Fülle: der Heuschober,
duftig, schwimmend; eine Kußszene, ein Paar gegen einen Baum gestellt, niedergefallene
Äpfel an der Erde, voll japanischer Leichtigkeit und Grazie. Meisterliche Porträte: Rudolf
von Alt, im Barte, träumerisch versonnen; Goldmark in charakteristischer Positur. Blätter
von Ferdinand Andri, farbige Steindrucke, fiächig, plakatmäßig, von sicherem Geschmack
der koloristischen Komposition, energisch und fröhlich zugleich in ihrem bunten Gepränge.
Jahreszeitstimmungen geben den Stoff: Schnitter im Juli mit gelbem Korn; Winterfahrt
im Schlitten; Marktschildereien mit gesprenkelten Kleidern und roten und grünen Kopf-
tüchem.
Einen sehr delikaten Farbenholzschnitt sieht man von Henneberg. Kreponlilafarbene
Irisstauden, gegen eine Wand gesetzt, mit einer violetten Verglasung.
Ferner wären zu nennen die Blätter von William Unger (Arnalfi und Villa Lovrana),
von Oswald Roux, von Käthe Kollwitz (Szenen aus den Webern, dem Bauernkrieg voll
herber Eigenart und starken Miterlebens mühseliger und beladener Schicksale), von
Friedrich von Schennis edle Kulturstimmungen mythologischer heroischer Landschaften in
einer Seele des XVIII. Jahrhunderts empfangen.
Eine Art weiblicher Sezession stellt die Vereinigung bildender Künstlerinnen dar,
die ihr öffentliches Debut im Salon Gurlitt hatte. Man traf hier manch Eigenartiges und
gerade im Porträt zeigte sich Griff und Gestaltung. Einige Künstlerinnen fielen auf, V.
Zimmermann besonders mit ihrem wuchtigen holzschnittmäßigen Bild der Bauernfamilie.
Angenehm berührten die Kleinplastiken der Frau Burger-Hartrnann, momentan erfaßt und
mit prickelnder Lebendigkeit festgehalten.
Sehr originelle plastische Improvisationen zeigte S. Wolf (Paris), kleine modellierte
Püppchen von fabelhafter Rapidität; Pariser Typen, Tänzerinnen, Claudine a Fecole etc.
Die Künstlerin hatte den witzigen Einfall, die Figürchen zu bekleiden und erreicht dadurch
eine überraschende Pointierung. Ein kleines Welttheater stellt sich so in diesem Glaskasten
dar. Man braucht das nicht Panoptikum zu schimpfen. Die Japaner machten auch solche
Puppenspiele, und auf den gelungenen Griff kommt es an. Der aber ist hier frappant.
Felix Poppenberg
UROPÄISCHES PORZELLAN DES XVIII. JAHRHUNDERTS. Das
allseitige und leidenschaftliche Interesse für das weit verzweigteste und beliebteste
Kunstgewerbe des XVIII. Jahrhunderts, das Porzellan, hat in den letzten Jahren durch ver-
schiedene Spezialausstellungen und die damit verbundenen Kataloge und Publikationen
eine Reihe der wertvollsten Aufschlüsse gebracht. Die Berliner Ausstellung von x9o4 bot
sodann eine Revue des Besten und Wichtigsten, das diese Kunst in den einzelnen Fabriken
geschaffen hat. Ein splendider und dank der Opferwilligkeit der beteiligten Kunstsammler
reich illustrierter Katalog' hält die wertvollen und reichen Ergebnisse der Ausstellung fest
" Europäisches Porzellan des XVIII. Jahrhunderts. Katalog der vom 15. Februar bis 30. April 1904 im
Lichtbof des königlichen Kunstgewerbemuseums zu Berlin ausgestellten Porzellane. Von Adolf Brüning, in
Verbindung mit Wilhelm Bebnke, Max Creutz und Georg Swarzenski. Berlin 1904. Mit 4a Tafeln und 2 Marken-
tafeln. Verlag von Georg Reimer.