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liebt und dabei oft der großen Vergangenheit und der unsicheren Zukunft
dieser schönen Stätten gedenkt.
Freuen wir uns, daß er so sicher in der Gegenwart künstlerisch fußt, daß
er sie uns in einer anziehenden Bilderfolge vorführen konnte, und hoffen wir,
daß er in die Lage kommt, die Reihe noch zu ergänzen, an die manches treff-
liche Stück angefügt werden könnte, das heute noch im Holzstock schlummert.
OTTO BENNDORF St. EIN NACHRUF VON
KARL MASNER-BRESLAU SC-
INER von jenen Menschen, denen man unbedenk-
lich die Erreichung der äußersten Altersgrenze
prophezeit, war Benndorf. Nun ist er mit ögjahren
dahingerafft worden. Mit ihm ist eine der mar-
kantesten Persönlichkeiten des geistigen Wiens
der letzten Dezennien geschieden. Das in letzter
Linie Bewunderungswürdigste an diesem außer-
ordentlich vielseitig veranlagten Manne war eine
30 Jahre lang in seiner neuen Heimat ununter-
brochen in gleicher Intensität auf ein Ziel ge-
richtete Energie. Ihr entsprach die Größe seiner Erfolge. Ein vorbildliches
Beispiel dafür, was Energie erreichen kann, wenn man sich vorhält, daß das
Gebiet, für das sie sich einsetzte, im ganzen Haushalte des Staates und
seiner Aufgaben vielen anderen notwendigeren Dingen den Vortritt lassen
muß. In der Generation von Männern, die vor mehreren Dezennien die
Kunstarbeit in Österreich zu organisieren begann, glich Benndorf an
Willenskraft nur ein einziger, Rudolf von Eitelberger. Aber hinter Eitel-
berger stand die Rücksicht auf unmittelbare wirtschaftliche Vorteile des
Reiches. Seine Feuerseele durfte und mußte mit dem ganzen Temperament
des Österreichers ungestüm fordern, während sich für Benndorfs rein
ideales Arbeitsfeld die geduldige, vorsichtige, norddeutsche Art schickte, mit
der er diplomatisch ein nicht weniger lebhaftes Naturell im Zaume hielt.
Benndorf hat der klassischen Archäologie in Österreich ihren Platz an
der Sonne errungen. Das ist die Summe seines Lebens. Sie setzt sich zu-
sammen aus drei Komplexen, erstens aus seiner wissenschaftlichen Tätig-
keit, zweitens aus seiner Tätigkeit für die Vermehrung des österreichischen
Antikenbesitzes, drittens aus seiner Tätigkeit als Organisator der wissen-
schaftlichen und praktischen Aufgaben der Archäologie in Österreich. Das
bewältigen zu können, war ihm nur möglich, indem er jenen Typus des
Archäologen, der ebenso sehr seßhafter Gelehrter als widerstandsfähiger
Entdeckungsreisender ist, imponierend verkörperte, und um dem dritten
Teile seiner Arbeit gerecht zu werden, hatte ihm die Natur auch die Fähig-
keit, Beamter zu sein und Ordnung in einer Verwaltung zu halten, nicht