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Volltext: Monatszeitschrift X (1907 / Heft 2)

versagt. Benndorf kam wie 
fast alle Fachgenossen sei- 
ner Generation von der Phi- 
lologie zur Archä0logie,von 
der klassischen Literatur zu 
den Denkmälern. Von der 
Übertragung der philologi- 
schen Auffassung und 
Methode auf die Werke 
der bildenden Künste, von 
der „InterpretatiorW trug 
ihn sein angeborenes, bald 
sich eminent entwickelndes 
Kunstempfinden zur Kunst- 
geschichte der Antike. Aber 
auch als er hier das Höchste 
und Hinreißendste seiner 
Begabung erkannt hatte, 
hielt er immer die Verbin- 
dung mit der Philologie auf- _ _ __ ' _ 
_ __ , _ Salzburger Majolxkascbussel aus derWerkstätte des Hafners 
recht Es 1st für lhnbezelch" Thomas Obermillner, um 1680 (Museum Carolino Augusteum) 
nend, daß ihn in der antiken 
Kultur nur die Zeiten vor und nach dem Schrifttum nicht interessierten. Inner- 
halb dieses Rahmens kannte er kaum eine Beschränkung auf bestimmte 
Gebiete, eine Vielseitigkeit, die nur wenige Archäologen mit ihm teilen. Diese 
seine Universalität bevollmächtigte ihn zum Führer seiner Wissenschaft in 
Österreich. Er trat mit seiner ganzen Arbeitslust überall ein, wo es die 
Umstände erforderten. So fand es sich bald von selbst, daß die von ihm 
oder unter seiner Leitung entdeckten oder sonstwie unserer Kenntnis näher 
gerückten Reste der antiken Kultur und Kunst, die Denkmäler von Samo- 
thrake, Gjölbaschi und Ephesus, die Felsengräber von Lykien und Phrygien, 
das Tropäon von Adamklissi, die Skulpturen von Aquileja, die Inschriften 
von Kleinasien sein Arbeitsgebiet wurden. Er ging auf in einer aktuellen 
Pflicht, der Einordnung des von ihm herbeigeschafften Rohstoffes in die 
Wissenschaft. Er hat sie in einer fast unübersehbaren Reihe von selb- 
ständigen Publikationen und zerstreuten Aufsätzen mit großen Resultaten, 
Erkenntnissen und Ausblicken bereichert, wenn er auch keinen Anteil an ihrem 
systematischen Ausbau nehmen konnte. Für Benndorf war die Wissenschaft 
der Archäologie sich selbst genug Zweck. Das bewies er bis zum letzten Atem- 
zuge durch die Gründlichkeit und Gewissenhaftigkeit der Forschung, die er 
sich auferlegte und von anderen verlangte. Aber er war viel zu sehr ein mo- 
derner Mensch, als daß er nicht mit Leib und Seele an seiner Wissenschaft 
gehangen hätte, weil wenigstens der Stoff ihrer Untersuchungen, die Werke 
der antiken Kunst auch in unserer Zeit ihrer nachdrücklichen Einwirkung auf 

	        
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