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Volltext: Monatszeitschrift X (1907 / Heft 2)

auf äußere Erscheinung und gute Umgangsform. Er denkt vor allem. Noch 
heute macht sich die Nachwirkung einer während Jahrhunderten geübten 
Selbstverwaltung geltend, die durchaus unabhängig vom Willen weithin sich 
fühlbar machender bureaukratischer Regierungsweise aus den örtlichen 
Umständen ihre Regeln und Satzungen gewann, gegensätzlich zu den 
Maximen moderner Großstaaten, in denen die am grünen Tisch Beschließen- 
den alles über einen Kamm scheren, gleichviel ob es zweckdienlich ist 
oder nicht. 
Bis zum Jahre 1806 bildeten die Territorien der Gemeinden Egg, 
Schwarzenberg, Andelsbuch und Bezau samt einer Reihe der in diesem 
Gebiet liegenden Ortschaften des Bregenzer Waldes ein staatliches Gebilde, 
das zwar seine Abgaben an die Herrschaft Feldkirch entrichtete, bei der 
Wahl der obersten Persönlichkeit des Landes, des Landammans, wohl 
auch den Vogt von Feldkirch mit einer Sicherheitswache aufziehen sah, im 
übrigen aber durchaus das Recht, die eigenen Angelegenheiten nach 
„Landesbrauch" zu regeln, in unverkürzter Weise ausübte, von keiner 
andern als der selbsterwählten obrigkeitlichen Gewalt auch nur im leisesten 
beeinflußt. Im Kriegsfall hielten die Wälder immer treu zu Österreich. 
Das haben sie den Schweizern, den Schweden wie den Franzosen und 
bayerischen Truppen zu wiederholten Malen aufs nachdrücklichste dar- 
getan. Auf der Bezegg, einem Ausläufer der „Winterstaude" (zwischen 
Andelsbuch und Bezau) lag weit entfernt von den nächsten Behausungen, in 
waldigem Gelände dicht am alten Saumweg das Rathaus, in dem die 
Landesvertreter tagten in einer Weise, wie sie sonst wohl nirgends üblich 
war. Das auf vier mächtigen Mauerpfeilern ruhende hölzerne Gebäude hatte 
nämlich keine Treppe. Die Beratungsräume waren nur durch eine Leiter 
zugänglich. War die Ratsversammlung vollzählig, so wurde die Leiter 
emporgezogen, die dafür bestimmte Lucke geschlossen und auf diese Weise 
jede unerwünschte Anteilnahme Unberufener ebenso ausgeschlossen wie 
das beliebige Verschwinden der Abgeordneten selbst. Das alles nahm im 
Jahre 1806 ein Ende. Der „Wald" kam unter bayerische Herrschaft. Ihre 
erste Tat bestand darin, das Rathaus auf der Bezegg, ein sichtliches 
Zeichen jahrhundertealter Selbständigkeit, niederzureißen. Mit derartigen 
Maßnahmen, wie sie ja auch in anderen Teilen des frisch kreierten König- 
reiches zur Durchführung gelangten, wurde die Bevölkerung nicht gerade 
zur Liebe für die neuen Herren erzogen. Das bewies die Erhebung im 
Jahre 180g, an der sich die „Wälder" mit Einsatz aller Kraft beteiligten. 
Am 24. Mai dieses Jahres brach der allgemeine Aufstand los. Binnen aller- 
kürzester Zeit war das Ländchen, für kurze Dauer allerdings nur, von der 
neuen Regierung befreit. Als dann 1814 die endgültige Loslösung von 
Bayern und die Angliederung an den österreichischen Staat zur Tatsache 
wurde, durchströmte Jubel und Freude das ganze Land, von dessen 
Bevölkerung die Emser Chronik von 1616 berichtet: „Dieser Hinder 
Bregenzerwaldt ist ein wild gelendt, jedoch von der Vile des Volckes wol
	        
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