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konnte. Das erste derartige, im Besitze Seiner Excellenz des Grafen Hans Wilczek befind-
liche Stück war 1883 in der vom k. k. Österreichischen Museum für Kunst und Industrie
veranstalteten Bronze-Ausstellung exponirt. Eingehende Forschungen haben seither
nachgewiesen, dass der eigentliche Ursprung dieser bis zum Beginne unserer Zeitrechnung
zurückgehenden Stücke bei den Ureinwohnern Chinas, den heute noch in den südlichen
Provinzen dieses Reiches lebenden Miao-tse, zu suchen ist. Fast alle diese Trommeln,
welche aus einem Stücke gegossen sind, sind mit eigenartigen Verzierungen bedeckt.
Unter dem zahlreichen Zuwachse der PRÄHISTORISCHEN SAMMLUNG befinden
sich keine Objecte, welche ein höheres kunstgewerbliches oder künstlerisches Interesse
für sich in Anspruch nehmen könnten.
ERLIN. BERLINER DECORATIVE CHRONIK. Die Berliner Ausstellung „Kunst
im Leben des Kindes", die seit Anfang März im Gebäude der Secession stattfindet,
tritt nicht mit so concreten und fertigen Mitteln in die Welt, wie die Kinder-Kunstabtheilung
in der Londoner „Women Exhibition", die uns das Decemberheft von „Kunst und Kunst-
handwerk" zeigte.
Das deutsche Kunstgewerbe hat zwar auch schon ein modernes Kinderzimmer hervor-
gebracht. Die Münchner Maler Karl Bertsch und Otto Ubbelohde sind seine Väter und die
Vereinigten Werkstätten haben es gekleidet. Es kommt aber in seiner Hauptsache, der
geschmackvollen und lustigen Wandeintheilung aus Mattenpaneel, schmalem Märchen-
mittelfries und graublauen Bespannung im oberen Theil, dem organisch sicher propor-
tionirten grün geheizten Rahmenwerk, hier nicht so zur Geltung, wie einst in Dresden.
Und vor allem der Versuch hat keine Nachfolge gefunden.
Die Berliner Ausstellung konnte sich nicht auf einer Fülle vorhandenen Stoffes aufbauen.
Sie musste sich erkennmisvoll als ersten Schritt nur das Ziel der Anregung stecken. Die
weiteren Kreise sollten aufmerksam gemacht werden, welchen Wert die Anschauung für
das Kind hat, wie es möglich zu machen ist, dass von früh an den nach Zufuhr und Ver-
arbeitung von Beobachtungsstoff hungrigen Kindersinnen gleichzeitig Fassliches und doch
Künstlerisches geboten wird, wie es darauf ankommt, die Blicke zu schulen, die Organe
zu öffnen, den Beobachtungswillen zu trainiren. Eine Generation, die in solchem Geist
erzogen heranwächst, wird später, ob productiv oder nur consumirend, mit ganz anderen
Masstäben und Bewertungsgesichtspunkten an die Dinge herantreten. Aus diesem Grunde
ist die Ausstellung, die zum erstenmal in Deutschland solche privatim oft discutirten
Meinungen öffentlich manifestirt, auch für die decorativen Künste wichtig, selbst wenn
sie kunstgewerblichen Kennern nicht viel Neues bringt.
Sie gliedert sich in drei Abtheilungen. Die dritte, „das Kind als Künstler" ist
eigentlich die wichtigste, sie zeigt den gesunden, theorien- und principienreinen sich fest
an die Wirklichkeit haltenden Sinn der Veranstalter. Die Schriftsteller Dr. Osborn, Spohr
und Stahl und Maler Otto Feld gingen nicht von den gebenden Künsten, sondern
von der fordernden Kindervorstellung aus. In instructiv geordneten Proben primitiver
kindlicher Zeichendarstellungen lassen sie uns in die Kinderwelt sehen. Wer Augen und
Gefühl hat, kann aus diesen ungelenken Blättern wirklich Aufschlüsse erhalten über die
Art anzusehen, über Neigungen und Antipathien, über Differenzirungen, über das den
Kindern wesentlich oder unwesentlich Erscheinende. Eines geht als unzweifelhaft bei
dieser Experimentalpsychologie hervor, dass die Kinder, die in freier Wahl darstellen, sich
durchaus an Gegenständliches, Lebendiges halten, an Mensch und Thier oder doch
wenigstens an Objecte der Umgebung, die ihnen, wie zum Beispiel die Wanduhr zu
Persönlichkeiten geworden sind. Rein ornamentale und geometrische Motive reizen
Kinder fast nie.
Das Concrete ist für sie die Hauptsache, nie das Begriffliche. Davon ausgehend
erkennt man die Forderung nach reicherem, anregenderem, sinnfälligem Anschauungs-