Der „Karlsruher Künstlerbund" hat sich hiefür interessirt und ein Preisausschreiben
veranstaltet, dessen Hauptbedingungen Fasslichkeit, Anregungsfähigkeit bei künstlerischer
Qualität, Originalcharakter der Reproduction (Künstlerlithographie) waren. Das Ergebnis
ist höchst erfreulich: Eine Serie von Bildern. das Stück nicht theurer, als vier bis fünf Mark,
von starkem Naturgefühl; Landschaftsstimmungen mit Thieren, Bauernhöfe, Dorf-
aufnahmen, alles kindlicher Vorstellung durchaus erreichbar und dabei so geschmackvoll,
so künstlerisch einwandsfrei, dass sie jeder Liebhaber in sein Studio hängen könnte.
Die praktische Anerkennung dafür blieb nicht aus. Die badische Regierung hat sich
bereits entschlossen, die Blätter in die Schulen einzuführen.
Diese Mischung, verständlich für die Kinder zu sein, und für die Erwachsenen
ästhetisch befriedigend ist auch die ideale Forderung für die Bilderbücher, denen die
dritte Abtheilung gewidmet ist. Ihre Hauptvertreter sind vorläufig noch das Ausland:
England mit der holden Lieblichkeit der Walter Crane- und Kate Greenaway-Bücher und
den grotesken, für robustere Kindertemperamente sicher noch geeigneteren Humoren der
Nicholson, Hassal, Helen Hey, Frankreich vor vielen mit dem graziösen Kindergarten, den
Boutet de Monvels Charme zierlich geschmückt.
In Deutschland ist die Bewegung für das künstlerische Kinderbuch noch sehr jung
und hat noch wenig Früchte getragen. Zu verzeichnen sind die glücklich archaisirende
Jungbrunnenserie alter deutscher Märchen von Fischer und Franke und die in Ausstattung,
Papier, Vorsatz sehr gut gerathenen Kinderlieder „Fitzebutze" von Paula und Richard
Dchmel mit dem lustig die Verse umrankenden Bilderschmuckwerk von Ernst Kreidolf,
der glücklich die derbe handfeste Anschaulichkeit des Bilderbogenstils, wie ihn nun einmal
die nach Sehen, Fühlen, Greifen verlangenden Kinderorgane vor allern fordern, mit einer
japanisirenden Leichtigkeit und Flottheit des hingestreuten Arrangements verbindet.
Anregend ist die Ausstellung, aber einen positiven Factor hat sie sich entgehen
lassen. Sie hätte den Leuten - und wohl allen wäre es eine Überraschung gewesen -
zeigen können, dass sich in Berlin schon etwas von der Idee „Kunst im Leben des Kindes"
verwirklicht hat und zwar gerade da, wo angefangen werden muss, in der Volksschule.
An den südöstlichen Grenzen, wo die letzten Häuser stehen, hat der Stadtbaurath Ludwig
Hoffmann eine Gemeindedoppelschule gebaut, die bewundernswert in ihren einfachen,
glücklichen Mitteln, ihrem frischen, heiteren Eindruck ist. Schon in den Steinhauarbeiten
spielt ein lustiger Humor. Auf den Pfeilerstreifen die Schnecke, der Mohn und die Schild-
kröte, aus der Mittelfüllung heraus guckend ein Knaben- und Mädchenkopf, als obere Leiste
ein Fries von Fuchsköpfen mit Eichenlaub.
Die Schulzimmer sind ganz schlicht, aber sie lehren, dass Schlichtheit nicht identisch
mit Nüchternheit und Stumpfheit ist. Frische Farben, lebhaftes Roth an allen Holztheilen,
gutgestimmtes Zusammengehen aller Töne stimmt wohnlich und häuslich. Und die Farbe
wird belebt und bewegt durch schablonirte Friese, liebevollsten Geschmacks. Schmetterlinge
sonnen sich, Libellen treiben darauf ihr munteres Wesen und voll heiterer Laune ist der
Knaben- und Mädchenfries mit Schauckelpferden, den standhaften Zinnsoldaten, Schilder-
häuschen, Blumenstöcken, tanzenden Mägdlein mit fliegendem Zopf.
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In Schultes Kunstsalon ist das mit Spannung erwartete Emailporträt des Kaisers
von Herkomer eingetroffen. Es bedeutet eine Enttäuschung. Das einzig Interessante ist
die Dimension: anderthalb Meter. Der Versuch mit einer so grossen Platte ist wohl zum
ersten Mal gemacht worden. Aber er ist eben nicht geglückt. Die Figur des Kaisers, die
nur ein Drittel einnimmt, wirkt starr und künstlich verkleinert. Das moderne Gesicht
mit soldatisch forschem Schnurrbart eignet sich zurWiedergabe in dieser mehr zu stilisirten
Gestalten neigenden Technik nicht. Nicht einmal decorativen Reiz hat das Werk.
Der Hintergrund, ein rother Teppich mit grossem goldenen Reichsadler, gibt dem
gleichfalls rothen Prunkmantel der Majestät keine Folie. In die Krone und in die Reichs-