Tatsache, daß Gundelach vor dem Jahre r6g4, in dem
er sich als Bürger in Cassel niederließ, als Geselle in
der Berliner Werkstatt des alten Martin Winter mit
Gottfried Spiller zusammen gearbeitet haben muß.
Hier in Berlin war der einzige Ort, wo er in die Kunst
_ des I-Iochschnittes eingeweiht werden konnte, denn
das Riesengebirge kommt wegen seiner stilistisch
himmelweiten Verschiedenheit nicht dafür in Frage.
In Berlin, wo der kurfürstliche Glasschneider Martin
Winter seit 1680 seine „erhobene Arbeit", das heißt
den I-Iochschnitt ausübte, wo Gottfried Spiller seinem
Lehrherrn und Vetter, bei dem er bereits seit 1675
gearbeitet hatte, von 1683 an als Geselle zur Hand
ging, hat auch Gundelach sich seine technischen
Kenntnisse und künstlerischen Intentionen geholt. ja
sogar das Rohmaterial, die schweren Deckelpokale,
. die er in Cassel bearbeitet hat, stammen nach Aus-
Abb. 4. Rubinbecher. Cassel,
Anfang des XVIll. Jahrhun- weis ihrer kräftigen Formen und ihrer typischen
"ms M""'"" Krankheitserscheinungen zweifellos aus der Pots-
damer Hütte.
Als scheinbar durchgehendes Merkmal von Gundelachs Arbeiten sei
auf den oben beschriebenen spitzstrahligen Stern unter dem Boden des
bezeichneten Pokals aufmerksam gemacht, der sich bei den beiden Gläsern
in Berlin und Cassel genau wiederholt. _
Unter den weiteren, bisher G. Spiller zugeschriebenen Gläsern nach
Arbeiten von Gundelachs Hand zu suchen, ist bei der erwähnten fabelhaften
Übereinstimmung von beider Werken eine sehr schwierige Aufgabe, die
sich restlos nur durch Konfrontation der Originale durchführen ließe. Daß
ein großer Teil der sonstigen Hochschnittpokale dem Gottfried Spiller ver-
bleiben muß, ist mir aus der Analogie anderer Dekorationsmotive mit der
bezeichneten Kristallkanne in Sigmaringen unzweifel-
haft. Fraglich könnte es sein bei dern schönen Deckel-
pokal der Sammlung Bardeleben mit dem sächsisch-
polnischen Wappen." Dieses Glas würde sich un-
schwer in das Werk des Franz Gundelach einreihen
lassen, aber auch da schon begegnen wieder kleine
stilistische Unstimmigkeiten, die klarzustellen ich vor-
läufig nicht in der Lage bin.
Dagegen ist es sehr verführerisch, einige andere
Arbeiten nach Cassel zu lokalisieren, die ich in Berlin
im Zusammenhang mit Spiller nicht recht unterbrin-
gen konnte. Die Annahme, daß Franz Gundelach in Abb. s- Rubinbecher. Cassel,
' ' - -- - Anfang des XVIII. ]ahrhun-
Cassel schulbildend gewirkt hat, wird bestatigt durch dem (Königliches Museum in
"i Abgebildet in „Brandenburgische Gläser", a. a. 0., Tafel u, Nr. 2. Cassel)