anfangs gar nicht mit dem
heidenmäßigen Urvieh ab-
finden, aber jetzt ist sie
schon ein wenig stolz dar-
auf. Die beiden so gegen-
sätzlichen Häuser sind auch
innen der getreue Natur-
! selbstdruck zweier Zeiten.
, Das in seiner winkelreichen
Enge so behagliche, trau-
liche, lauschige Vaterhaus
ist unter Engelharts aus-
nützender und ausstattender
Hand ein Muster abgeschlos-
sener Interieurstimmung von
ganz heimatlichem Charak-
ter geworden. Es ist ganz
„alt" ausgestattet. In Ein-
fahrt und Hof lauter antike
Reliefs in die Wände einge-
lassen, der I-Iof mit roten
Fliesen gepflastert, eineEcke
des „Ganges" auf eine rote
Säule gestützt, an Fenster-
vordächern, I-Iausglocke,
Laterne altes Eisenzeug und
überall Blumen. Der Hof ist
schon ein Motiv zum Malen.
In den dämmerigen oder
hellen Stuben aber findet
man alte Kunstwerke ersten
Ranges. Die Perle ist eine
köstlich erhaltene Madonna
von Perugino in ihrem alten Rahmen. Alte Niederländer (ein famoses Winter-
bild des Bauern-Brueghel und so weiter) schließen sich an, und auch Moderne
aus allen Weltgegenden. Bronzen von Rodin und Gardet, Tiergestalten von
Swan, dann wieder Räume voll Studien, Kopien, Früharbeiten des Hausherrn.
Im neuen Haus weiten und lichten sich die Räume, da herrscht der Komfort
von heute. Das ungewöhnlich große Atelier mit seiner breiten Glaswand
und Terrasse nach dem Garten hin entspricht allen modernen Möglich-
keiten der verschiedenen Künste. Darin steht auch der eigens angefertigte
Gipsabguß von Houdons berühmter Diana aus dem Louvre, von der
Impressionisten-Ausstellung der Sezession her. Wobei übrigens die wenig
bekannte Tatsache anzumerken wäre, daß die Louvre-Diana eigentlich gar
Josef Engelhan, Studie, Pastell
ISVJ
nicht das Original ist, sondern
eine von I-Ioudon angefertigte
Wiederholung, und zwar mit
einer gewissen Veränderung, da
die Gesellschaft des XVIII. jahr-
hunderts, so wenig prüde sie
sonst war, an einem als un-
klassisch geltenden Detail des
Aktes Anstoß nahm und dessen
Ausmerzung forderte. Die rich-
tige Houdonsche Diana steht
in Petersburg, wo sie nicht als
anstößig gilt. (Siehe den Aufsatz
in Pierre Louys' Buche „Archi-
pel".) Ein besonders schöner
Raum ist ferner der Speisesaal,
den eine durchbrochene Wand
mit einem Salon verbindet. Die-
ser Durchbruch, in Palisander
montiert, ist reich geschmückt,
in den oberen Ecken mit zwei
großen Engelhartschen Tier-
iiguren, nach Schönbrunner
Naturstudien, einem Marabu in
Lindenholz und einem Affen in
Nußholz. (Die Schnitzarbeit von
Zelezny.) Engelhart liebt die
Schönbrunner Tierwelt sehr und
sie hat ihn schon zu manchem
kleinen plastischen Seitensprung
verlockt. Eine kleine Affenmaske
und eineminutiös studierte Affen-
handin Bronze sind Zeugen die-
ses Reizes, dem er sich gern er-
gibt. Der geschnitzte Fries über
dem Durchgang zeigt in japa-
nischer Art Störche, zwischen
goldenen Wolken entlang strei-
chend. Die Möbel des Speise-
saales sind Mahagoni, durch-
wegs mit Goldbronze montiert.
Das Buffet ist ein Prachtstück,
Josef Engelbart, „Wiener Blut", Kreidezeichnung
dessen viele kleine, fazettierte Quadratscheiben sich zu zierlichen I-Iolz- und
Perlmutterintarsien gesellen. Die Motive derselben sind der Speisekarte
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