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Volltext: Monatszeitschrift IX (1906 / Heft 5)

anfangs gar nicht mit dem 
heidenmäßigen Urvieh ab- 
finden, aber jetzt ist sie 
schon ein wenig stolz dar- 
auf. Die beiden so gegen- 
sätzlichen Häuser sind auch 
innen der getreue Natur- 
! selbstdruck zweier Zeiten. 
, Das in seiner winkelreichen 
Enge so behagliche, trau- 
liche, lauschige Vaterhaus 
ist unter Engelharts aus- 
nützender und ausstattender 
Hand ein Muster abgeschlos- 
sener Interieurstimmung von 
ganz heimatlichem Charak- 
ter geworden. Es ist ganz 
„alt" ausgestattet. In Ein- 
fahrt und Hof lauter antike 
Reliefs in die Wände einge- 
lassen, der I-Iof mit roten 
Fliesen gepflastert, eineEcke 
des „Ganges" auf eine rote 
Säule gestützt, an Fenster- 
vordächern, I-Iausglocke, 
Laterne altes Eisenzeug und 
überall Blumen. Der Hof ist 
schon ein Motiv zum Malen. 
In den dämmerigen oder 
hellen Stuben aber findet 
man alte Kunstwerke ersten 
Ranges. Die Perle ist eine 
köstlich erhaltene Madonna 
von Perugino in ihrem alten Rahmen. Alte Niederländer (ein famoses Winter- 
bild des Bauern-Brueghel und so weiter) schließen sich an, und auch Moderne 
aus allen Weltgegenden. Bronzen von Rodin und Gardet, Tiergestalten von 
Swan, dann wieder Räume voll Studien, Kopien, Früharbeiten des Hausherrn. 
Im neuen Haus weiten und lichten sich die Räume, da herrscht der Komfort 
von heute. Das ungewöhnlich große Atelier mit seiner breiten Glaswand 
und Terrasse nach dem Garten hin entspricht allen modernen Möglich- 
keiten der verschiedenen Künste. Darin steht auch der eigens angefertigte 
Gipsabguß von Houdons berühmter Diana aus dem Louvre, von der 
Impressionisten-Ausstellung der Sezession her. Wobei übrigens die wenig 
bekannte Tatsache anzumerken wäre, daß die Louvre-Diana eigentlich gar 
Josef Engelhan, Studie, Pastell
	            		
ISVJ nicht das Original ist, sondern eine von I-Ioudon angefertigte Wiederholung, und zwar mit einer gewissen Veränderung, da die Gesellschaft des XVIII. jahr- hunderts, so wenig prüde sie sonst war, an einem als un- klassisch geltenden Detail des Aktes Anstoß nahm und dessen Ausmerzung forderte. Die rich- tige Houdonsche Diana steht in Petersburg, wo sie nicht als anstößig gilt. (Siehe den Aufsatz in Pierre Louys' Buche „Archi- pel".) Ein besonders schöner Raum ist ferner der Speisesaal, den eine durchbrochene Wand mit einem Salon verbindet. Die- ser Durchbruch, in Palisander montiert, ist reich geschmückt, in den oberen Ecken mit zwei großen Engelhartschen Tier- iiguren, nach Schönbrunner Naturstudien, einem Marabu in Lindenholz und einem Affen in Nußholz. (Die Schnitzarbeit von Zelezny.) Engelhart liebt die Schönbrunner Tierwelt sehr und sie hat ihn schon zu manchem kleinen plastischen Seitensprung verlockt. Eine kleine Affenmaske und eineminutiös studierte Affen- handin Bronze sind Zeugen die- ses Reizes, dem er sich gern er- gibt. Der geschnitzte Fries über dem Durchgang zeigt in japa- nischer Art Störche, zwischen goldenen Wolken entlang strei- chend. Die Möbel des Speise- saales sind Mahagoni, durch- wegs mit Goldbronze montiert. Das Buffet ist ein Prachtstück, Josef Engelbart, „Wiener Blut", Kreidezeichnung dessen viele kleine, fazettierte Quadratscheiben sich zu zierlichen I-Iolz- und Perlmutterintarsien gesellen. Die Motive derselben sind der Speisekarte 40
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