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tius und St. Sebastian. Die Darstellung der
Flügel ist dem Marienleben entnommen. Die
Malereien der Außenseiten zeigen links die
Beschneidung und die Darbringung jesu im
Tempel, rechts die Anbetung der Könige und
den zwölfjährigen Jesus unter den Schriftge-
lehrten (Abb. 15). Die Innenseiten tragen wie
gewöhnlich Reliefszenen, und zwar die linke
oben den Tempelgang Mariä, die rechte oben
die Verlobung Mariä. Die Szenen der unteren
Felder sind der heiligen Sippe entnommen
(Abb. 10 bis 11). Links erblicken wir die Familie
der Maria Salome mit ihrem Gatten Zebedäus
und ihren Kindern Johannes Evangelista und
jacobus major, rechts Maria Kleophe mit ihrem
Gatten Alphäus und ihren Kindern Jacobus
minor, josephus Justus, Simon und Juda. Die
Predellenflügel zeigen außen die Brustbilder
der heiligen Barbara und Katharina, innen
zwei Szenen aus dem Bergwerksleben. Der
Umstand, daß St. Barbara am gleichen Altar
nochmals repräsentativ erscheint, und stilisti-
sche und kostümliche Gründe sprechen dafür.
daß die Predellenflügel von einem älteren Altar
herübergenommen wurden. Die seitlich
der Flügel angebrachten Relieffigürchen
der Heiligen Vitus und Nikolaus sind neu,
sie gehören der Restauration im jah-
re 1895 an.
Die malerische Kapelle trägt am
oberen Pfeiler des Treppenaufganges die
Inschrift: „Dise Cappell Ist geweicht in der
Er der edlen Junckhfraw Sand barbera 1510", und die gleiche Jahrzahl kehrt
auf einem kleinen Schriftband über dem Kapellenportal wieder. Geweiht
wurde die Kapelle erst am 29. August 1515. Die südöstliche Innenwand des
Chorschlusses nimmt ein großes Fresko des Todes Mariä ein, unter dem
seitlich eines Ablaß-Marien-Gebetes links der Stifter mit seinen fünf Söhnen,
rechts seine Frau mit vier Töchtern kniet (Abb. 18). Darunter liest man:
„Dise Figur hatt lassen Machen Der Fursichtig Vnd weys lienhart pfarr-
kyrcher zw lob vnd Er der junckfraw Maryag 1515." Eine weitere Inschrift
zu I-Iäupten des Stifters lautet: „Lienhart pharkirchcr diser kappeln Paw
Maester 1515." Baumeister ist selbstverständlich nicht etwa als bauleitender
Architekt - magister operis - zu verstehen, sondern als der Verwalter des
Baufonds - magister fabricae. Pfarrkircher vertrat also offenbar die Knapp-
Abb. 8. Holzügur des heiligen Laurentius im
Ferdinandeum zu Innsbruck