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aus, bald mit dem anderen Teil vereinigt zu werden. Die Zypresse zeigt
an, daß man lange gelitten hat. Der Granatapfel erklärt einen dernütigsten,
anhänglichen Diener und so fort. Der Dichter Graf August von Platen hat
hübsche Verse über diese Geheimsprache der Blumen gefunden:
„Es deuten die Blumen des Herzens Gefühle,
Sie sprechen manch heimliches Wort,
Sie neigen sich traulich am schwankenden Stiele,
Als zöge die Liebe sie fort,
Sie bergen verschämt sich im deckenden Laube,
Als hätte verraten der Wunsch sie dem Raube.
Sie deuten am leise bezaubernden Bilde
Der Frauen, der Mägdelein Sinn:
Sie deuten das Schöne, die Anmut, die Milde,
Sie deuten des Lebens Gewinn.
Es hat mit der Knospe so heimlich verschlungen
Der Jüngling die Perle der Hoffnung errungen.
Sie weben der Sehnsucht, des Harrnes Gedanken
Aus Farben ins duftige Kleid,
Nichts frommen der Trennung gehässige Schranken,
Die Blumen verkünden das Leid:
Was laut nicht der Mund, der bewachte, darf sagen,
Das waget die Huld sich in Blumen zu klagen.
Sie winken in lieblich gewundenen Kränzen
Der Freude zum festlichen Kreis,
Wenn iiattemd das ringelnde Haar sie umglänzen,
Dem Bacchus, der Venus zum Preis;
Denn arm sind der Götter erfreuende Gaben,
Wenn Leier und Blumen das Herz nicht erlaben."
Aber auch mit dem Lexikon bleibt es schwer, das Geheimnis der Blumen-
tassen zu lüften. Und man ist dankbar, wenn eine Inschrift beigefügt ist,
welche die Deutung bringt. Etwa auf der Obertasse zu Rose und Lilie die
Frage: „Blumen bring' ich, lieblich beide; wißt ihr, was die Gabe meint?"
und in der Schale, von einem Ährenkranz umschlossen, die Antwort: „Einen
Ehrenkranz der Freude, der mit Unschuld sich vereint." Oder zur Rose die
Worte: „Die Rose hier sey Sinnbild meiner Liebe, ihr höchster Wert ist
Unvergänglichkeit". Oder: „Immer blühe dein Glück, wie diese nie welkende
Rose!" oder bei einem Zittergrasbukett die Inschrift: „Es trägt den stillen
Liebesgruß von Süden nach Norden, von Norden nach Süden und sagt ohne
Worte, was Worte nicht sagen können". Eine Tasse schließlich, die in