schreitet. Leider sind diese Starken und Eigenen immer seltener und einsamer geworden
und nicht einmal die Weggenossen linden sich zusammen, die Schwere der Zeiten lastet
auf ihnen.
In den Sonnenstrahlen der Tagesgunst, die seit einiger Zeit auch der bildenden Kunst
ein wenig zu lächeln pliegt, die unseren Bildermarkt sogar lebhaft bescheint, bewegt sich
rührig die Künstlergenossenschaft. Sie vermochte auch jetzt wieder wie schon mehrere
Male in letzter Zeit ihre stark verkürzten Ausstellungsräume mit einer neuen Bilderserie
zu füllen. Neu vielleicht nur im Sinne der Gegenständlichkeit, nicht in jenem der Ziele und
Persönlichkeiten. Darum ist auch wenig darüber zu sagen. Man fühlt die Beschränkung
der Räume und die ruhige Ausgestaltung derselben dankbar; man verläßt sie ohne
Zuwachs an Erlebnissen. Alte Bekannte grüßen von den Wänden. Liebenswürdige
Begabungen zeigen ihren unveränderten Geschmack, ihre wiedergekehrte Arbeitsfreude.
Es glänzt wieder die Lust an Rang und Ehrenzeichen, der Stolz auf Schönheit des Körpers
und der Kleidung, das Bewußtsein von Macht
und Reichtum aus vielfältigen Porträten. Es
scheint wieder die Sonne in verlassene Winkel,
in abgelegene malerische Plätzchen oder auf
das Blumenfenster der guten Stube. Die Mode
der Biedermeierei ist noch nicht erloschen.
Der Ernst der Zeit verbirgt sich vor der unver-
siegten Genußfreude wohl-
habender Kreise, die alt-
gewohnte Zerstreuungen
nicht entbehren, an die
Tragik des Menschen-
schicksals nicht erinnert
sein wollen. Zahlreiche
Ankäufe und Ehrenpreise
lohnen dem fleißigen Ar-
beiter mit Pinsel und Stift
Abb. 25. Tasse mit mytbologischer Darstellung und Devise, Berlin, um 1800 die Unterordnung und
(Sammlung Foerster, Berlin) Einfügung. Darum wird
es auch stets Bewerber
genug geben, die freiwillig eine Maske tragen, hinter der sich manche Unzulänglichkeit
verbergen läßt - aber wohl auch hie und da ein ehrliches Streben seufzt.
Daß gerade dieses Niveau fast unberührt vom Kampf und unvermindert von der
Gunst getragen wird, darf uns nicht die Hoffnung rauben auf eine Entfaltung neuer
künstlerischer Kräfte, die heute abseits ruhen oder zu wesensfremder Tat bestimmt sind.
ALERIE ARNOT. Emil Orlik hat eine Phase seiner Entwicklung bei Arnot vor-
geführt. Er ist den Wienern ziemlich fremd geworden, seitdem er auswärts eine
neue Heimat gefunden hat. und wer ihn durch frühere Ausstellungen im Gedächtnis hatte,
wird ihn kaum so in Erinnerung behalten haben, wie er hier auftrat. Eine neue Wandlung
hat ihn den jüngeren Franzosen nähergebracht, die nur Toniiächen sehen und einfache,
primitive Anschauung lieben, kräftige, bestimmte Farbe suchen. In diesem Sinne hat er
den Orient geschildert - Sonne und Farbenflächen, einfachsten UmriB. In Ägypten die
Dörfer und Landschaften, in China die Menschen und Dinge, dann wieder Italien, die
Schweiz, seine nächste Umgebung in Stilleben und Akten. Dazwischen kam wohl
unversehens ein Hodler-Porträt in jener älteren; gewissenhaft subtilen Zeichenkunst und
manches Blatt, das ihn als geübten und gelehrigen Jünger der japanischen Holzschneide-
kunst in Erinnerung bringen muß. Nun hat er das zeichnerische Rafhnement abgelegt
und sieht nur mehr naiv iiächenhaft - liebt Pinsel und breite Farbe. In solchen Gegen-