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Volltext: Monatszeitschrift XX (1917 / Heft 6, 7 und 8)

uns. auumuAuClllllUllC vvirxung dieser Sammlung erxiart werden soll. Sie unterscheidet sich 
von ihren schüchternen Anfangen an von den Bestrebungen der Kölner Altertumsfreunde 
um die Wende des XVIII. Jahrhunderts, deren Treiben Firmenich-Richartz im ersten 
Kapitel lehrreich und anmutig schildert; durch Friedrich Schlegels Einwirkung erhält sie 
eine bestimmte Gefühlsbetonung, durch Sulpizens Sinn für Systematik ein umrissenes 
Programm. Beide Hälften dieser inneren Aufgabe der Sammlung sind eng verwachsen; 
sie will ein glorreiches Kapitel deutscher Vergangenheit der Vergessenheit entreißen, aber 
nicht durch bloßes Zusammentragen der Denkmäler, sondern durch den Nachweis ihres 
sinnvollen und notwendigen Zusammenhanges; was gewissen Besuchern Tempel und 
Gralsburg erschien, war in Wirklichkeit trotz mancher Beschränkung ein wahrhaftiges 
Museum. Sein romantisch-wissenschaftliches Programm war vermeintlich altdeutsch, 
aber sein Schwergewicht lag ebenso auf den Niederländern und auf den schon ein neues 
Ideal verkörpernden Meistern der Spätzeit; wie anderwärts bei den Romantikern vom 
Beginn des XIX. Jahrhunderts setzt sich die literarische Neigung zum deutschen Mittel- 
alter, für dessen künstlerischen Ausdruck das Organ noch nicht vorhanden war, ahnungs- 
los und unwillkürlich in eine ästhetische Schätzung nordischer Renaissance um. Dieser 
äußere Widerspruch ist eine innere Notwendigkeit; erst mullte ein dem ästhetischen 
Gefühl unmittelbar und kräftig faßbares Ziel vorhanden sein, der historischen Arbeit klar 
und sicher Richtung geben, dann konnte die so angeregte Einzelforschung ihre Arbeit 
leisten und ohne Schaden das ursprüngliche gläubig verehrte Bild Strich für Strich ver- 
ändern; es konnte nun entfallen, seine Folgen sind ins Geistesleben der Nation unaus- 
löschlich eingegraben. Diesen unschätzbaren Dienst hat die Sammlung Boisseree mit der 
sie illustrierenden, von ihr illustrierten kunstgeschichtlichen Hypothese dem deutschen 
Volk geleistet; es ist ein Verdienst, das man billig mit dem Winckelrnanns vergleichen kann. 
Wie dieser gaben die Boisserees der längst vorhandenen antiquarischen Beflissenheit ein 
ethisches Ziel und dadurch neue Lebendigkeit; aber während er das von der Verehrung 
der ganzen gebildeten Welt längst geheiligte Erbe der Antike als Material hatte, mußten 
die Boisserees das ihre erst in eindrucksvoller Weise vor Augen führen. Ihre ganze 
Sammlung war gewissermaßen selbst eine Hypothese, der sie durch effektvolle Aufstellung 
und durch energische Auffrischung der Bilder, durch literarische Mittel, vor allem durch 
die Erweckung von Goethes Teilnahme nachhalfen; die Hypothese hat ihre Schuldigkeit 
getan, tiefergehende Erkenntnis deutscher Kunst ist von ihr ausgegangen; und der 
Sammlung wächst über das Interesse ihrer Bestandteile ein selbständiger Wert als 
Dokument der deutschen Geistesgeschichte des XIX. Jahrhunderts zu. Ihre geplante 
zusammenhängende Aufstellung innerhalb der Pinakothek ist aufs wärmste zu begrüßen. 
Auf die Periode stürmischen Erwerbes folgt eine solche ruhigen Besitzes; der 
einseitige Enthusiasmus, von dem eine ganze Generation antiquarischer Bemühungen 
zehrt, geht in eine starke Freude am Altdeutschen innerhalb der ganzen Kunst über. 
Diese Bedeutung der Boisseree-Sammlung hat Goethe mit seiner steten Richtung aufs 
Ganze viel besser erkannt als ihre Besitzer, die den alten Heiden zu ihrem deutsch-christ- 
lichen Glauben zu bekehren vermeinten; auch bei den jahrelangen Verkaufsbestrebungen 
hat sich erst diese neue Auffassung als stark genug zu einer endgültigen Lösung erwiesen. 
Die romantischen Käufer sind doch immer wieder aus diesem oder jenem Grunde zurücli- 
getreten; ihre bleibende Stätte gewann die Sammlung erst durch König Ludwig,_ dem 
sie - neben Italienern und der Antike - einen Teil seines viel allgemeineren und tieferen 
Kunstbedürfnisses befriedigte. 
Wird nicht der zweite Band, den Firmenich-Richartz den Bemühungen Boisserees 
um die Wiederherstellung des Kölner Domes widmen wird, ein ähnliches nachdenklich 
stimmendes Resultat bringen? Auch im Verhältnis zur gotischen Baukunst folgt auf die
	        
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