Zeit romantischer Begeisterung, die früherer Altertumskrämerei ein inneres Schwergewicht
gibt, aber die wirklichen alten Formen nicht zu erfassen vermag, eine Welle nüchternen
und trockenen Einzelstudiums, das die Mittel zum Verständnis schafft; aber künstlerisch
fruchtbar wird die „Neogotik" erst, als die Architektur des XIX. Jahrhunderts an der
Versenkung in alle Stile ihre Spannweite und Kraft vermehrt hatte. Ein Ausbau des Kölner
Domes bloß aus romantischen Strömungen war ein totgeborenes Projekt; eine volle Tat
konnte erst in der Hochblüte aller historisierenden Stile daraus werden. Hans Tietze.
ESELLSCHAFT FÜR VERVIELFÄLTIGENDE KUNST. Am
14. Juni fand im Österreichischen Museum die Jahresversammlung der Gesellschaft
für vervielfältigende Kunst statt. Den Vorsitz führte, an Stelle des erkrankten Präsidenten
Grafen Wickenburg, Sektionschef Freiherr von Weckbecker, welcher eine Gedenkrede auf
weiland Kaiser Franz Joseph, den erhabenen Förderer und Gründer der Gesellschaft, hielt.
Der Vorsitzende gedachte ferner der im abgelaufenen Jahre verstorbenen Kuratoren der
Gesellschaft: Fürst Franz Thun-Hohenstein, Prälat Kornheisl und Hofrat von Schäffer, sowie
des Verfassers der im Verlag der Gesellschaft erschienenen Geschichte der Wiener I-Iofoper
Universitätsprofessor Dr. Richard Wallaschek. Der Direktor der „Albertina" Dr. Meder
wurde zu seinem 60. Geburtstag beglückwünscht. Der Obmann des Verwaltungsrates
Hofrat Leisching erstattete den Jahresbericht, dem zu entnehmen ist, daB bei einem
Jahresumsatz von Kronen u7.282'45 dem Ausgaben-Reservekonto ein Überschuß von
Kronen 8.60747 überwiesen werden konnte; der Mitgliederstand sowie der Absatz im
Kunsthandel haben eine erfreuliche Steigerung erfahren. Das vom Verwaltungsrat schon
vor zwei Jahren geäußerte starke Vertrauen auf die durch die Kriegsereignisse unbehinderte
Weiterentwicklung der Gesellschaft habe sich vollkommen bewahrheitet. Redner berichtete
über die künstlerischen und literarischen Veröffentlichungen des abgelaufenen Jahres und
über das Bestreben, neben den ordentlichen Veröffentlichungen der Gesellschaft auch
Sonderveröffentlichungen in kleinen Auflagen zu pflegen, und legte die ersten derartigen
Veröffentlichungen, den Holzschnittkalender von Dr. Rudolf Junk und die Holzschnitt-
mappe „Tiere der Fabel" von Professor L. H. Jungnickel, vor.
Der regierende Fürst Johann von und zu Liechtenstein, der allverehrte Förderer der
Künste, und Altmeister Professor William Unger wurden zu Ehrenmitgliedern der Gesell-
schaft ernannt, zu Kuratoren wurden gewählt: Oberstkämmerer Leopold Graf Berchtold,
Rudolf Ritter von Gutmann, Baron Louis Rothschild und Fürst Johann Schwarzenberg.
In den Verwaltungsrat wurde neu gewählt der Präsident der Sezession Maler Richard
Harlfmger, wiedergewählt wurden: Ministerialrat von Förster-Streffleur, Direktor Dr. Haber-
ditzl, Dr. Heymann, Prinz Chlodwig zu Hohenlohe-Waldenburg, Professor Dr. Hupka,
Maler Dr. Junk, Hofrat Dr. Leisching, Regierungsrat Direktor Dr. Meder, Regierungsrat
Ritter, Regierungsrat Dr. Schubert von Soldern, Dr. von Sprung und Professor Stauffer.
Zu Kassenrevisoren wurden gewählt: die Herren von Boschan und Dr. Faber.
Der Voranschlag für xgx8 wurde mit dem Gesamtbetrage von Kronen x3o.2oo'f
Umsatz genehmigt.
Dem Verwaltungsrat, besonders Herrn Hofrat Leisching als Obmann, sowie den
Sekretären Direktor Dr. Glück, Dr. Weixlgärtner und dem Direktor der Gesellschaft
A. Gradmann wurde einstimmig der wärmste Dank votiert.
USSTELLUNG ÖSTERREICHISCHER KUNSTINDUSTRIE IN
ZÜRICH. Auf Wunsch des Züricher Kunstgewerbemuseums hat sich das dortige
k. und k. Generalkonsulat im Wege des k. und k. Ministeriums des Äußern und des
k. k. Ministeriums für öffentliche Arbeiten mit dem Ersuchen an das Österreichische
Museum gewendet, in den Räumen des Züricher Museums gleichzeitig mit der welsch-
schweizerischen Künstlergruppe ,.La pomme d'or" eine kleine Ausstellung auserlesener
moderner österreichischer Arbeiten in Keramik und Silber zu veranstalten. An französische