gerufenen, Erschütterungen und Kriege hinzu; das Wollenzeuggewerbe im
besonderen wurde aber durch eine ziemlich plötzlich eingetretene Wandlung
des Geschmacks und der Gewohnheiten gefährdet. Wir wollen hierüber
den bereits erwähnten Vortrag Sorgenthals an das k. k. Hofdirektorium
vom n. Juni 1793i vernehmen:
„ . . . Daß aber der Waaren-Verschleiß beträchtlich abnimmt, ist aus
beikommenden Ursachen sehr einleuchtend, indem
a) bekanntermaßen der Haupt Consumo nach Hungarn, Siebenbürgen,
und Croatien bestehet, die dermaligen schweren Kriegs Läufe haben diese
Länder von dem so zahlreichen Militair entblößt, und die dadurch Circu-
lirende Geldmassa sehr vermindert und selten gemacht . . .
b) Ein nicht weniger für die Wollen Zeug Fabriken widriger Zufall, der
sie allgemein betrifft, ist unstreitig die seit einem Jahr eingerissene Mode,
daß das ganze Publikum sich an die Cottonwaaren gewöhnt hat, wozu noch
die immer weiter um sich greifende Neigung für die dünen Kasimirtücher
kornt, sehr selten erblikt man auch von der gemeinem Gattung nichts
anders, als Sommer Manschester, Nankins, oder Kasimirs im Sommer zur
Kleidung, ja die Beinkleider Zeuge, wovon sonst die Fabrik allein nur jähr-
lich über f: 100.000 absetzte, sogar die Futterwaaren als Taniese, deren
Absatz nicht geringer ware, höhren völlig auf, und werden von Baumwolle
erzeugt; alles tragt Baumwollene Zeuge, und wenn nicht hierinen andere
Vorkehrungen von allerhöchsten Orten zu treffen, geruhet werden wird, so
muß in kurzer Zeit, wie in England die Baumwoll Manufaktur jene der
Schafwolle völlig verdrängen, und zu Grund richten; alle Fabriken von letz-
terer Gattung werden dieses bezeugen, und mit ihrer allgemeinen vorge-
nommenen Arbeits Verminderung bestättigenßii"
' Nr. 61g vom Juli 1793.
M Zu dem Ausdrucke „Kasimir" weisen wir auf die Stelle aus einem Berichte Sorgenthals an die Hof-
direktion vom 29. Dezember 1793 (zu Nr. 15 vom Februar 1794): „die derzeit so gerne gesuchten Halbtileher
und die sogenandten Cassimirs . . .. , und welche doch den Londres Seconds am nähesten kommen."
Die Erklärung der technischen Eigenheit des Kasimirs haben wir in unserer Arbeit über den älteren
österreichischen StoiTdruek (in dieser Zeitschrift, XIX. Jahrgang [1916], Seite 60) nach Keeß (a. a. 0., Seite 272)
gegeben. Der Ausdruck „Kasimir" wird übrigens heute noch für eine bestimmte lockere Köperbildung gebraucht.
Zum Namen sagt Keeß, daß der Kasimir ihn „wahrscheinlich . . . . von der Ähnlichkeit des Gewebes mit dem
echten Kaschmir erhalten hat".
Da wir nun aber eine Stelle gefunden haben, die uns die Entstehung des Namens überzeugender erklärt,
wollen wir sie hier bringen. Gewiß dürfen wir auf Namen nicht zu viel Gewicht legen, wie wir das gerade in
dem erwähnten Aufsatze (auf Seite 30) durch Anführung einer höchst sonderbaren Bezeichnung gezeigt haben.
Trotzdem erscheint es uns, wenn wir einen Ausdruck aufklären können, als wissenschaftliche Pflicht, es zu tun,
da man nie wissen kann, welche weitere Irrtümer dadurch verhindert werden und welche Aufklärung jemand
gelegentlich daraus gewinnen kann.
Es heißt also im „journal des Luxus und der Moden" (Weimar 1787, Seite 95) in einem Berichte über
die neuesten französischen l-lerrenmoden, daß man weiße oder gelbe Hosen von Kerseymere oder schwarze
seidene trage.
l-Iiezu wird nun eine erklärende Anmerkung gefügt: „Der Kerseymzre oder - wie ihn die Franzosen,
die nie eine fremde Sprache lernen und jede jämmerlich radebrechen, nennen - Drap Casimir, ist ein sehr
feines geküpertes Englisches Halbtuch, wozu meist spanische Wolle genommen wird."
Das Wort „Kerseymere" mit „Kersey" zusammenzubringen, ist wohl naheliegend, besonders da dieser
letztere Ausdruck (französisch: cariset, holländisch: Kerzaai) heute noch eine Art groben Wollenzeugs bedeutet.
Den „Kersey" finden wir nun schon in Savarys „Dictionnaire de Cornmerce" (a. a. 0., z. Band, Spalte 423)
unter „Creseawt erwähnt. Es heißt da: „Creseau, que quelques-uns ecrivent aussi Crezeau. Etoffe de lainee