Das Ergebnis der lange verzögerten und lang sich hinziehenden Be-
ratungen und Berichte war zunächst, daß der Kaiser mit Entschließung
vom I2. September 1794 entschied, es wäre zu wünschen, „daß die Linzer
wenn man auch sächsische, englische, oder gar spanische Wolle beischaHen und verarbeiten wollte; denn die
schlechte Qualität des Urstofs ist dagegen nicht das einzige l-linternüß, sondern ein noch weit größeres ist die
Landes- und Lebensart der Oesterreicber.
Nur in solchen Ländern, wo fast jede Familie eine eigene Hütte hat, wo Armuth und Magerkeit des Erd-
reichs die Menschen auch um den geringsten Lohn zur Arbeit zwingt, wo eine Ziege mit Laub gelütert beinahe
2. Menschen ernährt, wo sich der Arbeiter mit Wasser oder dünnen Hausgetränke den Durst löscht, und nur an
Sonn und Festtagen sich einen obschon wohlfeilen Krug Bier erlaubt, nur in solchen Ländern ist es möglich,
wohlfeile Waare zu erzeugen, und durch vorzügliche Güte mit Wohlfeilheit vereinigt, auswartigen Absatz zu
bewirken, aber in den oesterreichischen Staaten deren besserer Boden seine Bewohner nicht so stiefväterlich
ernährt, muß der Mensch durch mehr Geld angelockt werden. Der Wochenverdienst eines Thalers ist anderwärts-
Reichthum, hier ein erbärmlicher Unterhalt, wo beinahe die ganze arbeitende Klasse nur gegen hohen Zins ihr
Obdach findet, und wo so zu sagen der Festtagsschmaus des Ausländers die gewohnte tägliche Nahrung ist.
Selbst in der Linzer Fabrick hat ein Wirth einen Schanckkeller in Bestand, für welchen er jährlich 675 f. Zins
und Daz bezahlt, und über dies vieleicht noch einige roo f. an der Kreide verliehrt, dieser Keller ist Sonn und
Feyertäge gesperrt, nur an de'n Arbeittagen offen. Es lässt sich daher ein Überschlag machen, was da getrunken
werden müsse, und zwar blos von den allerrnindesten Arbeitern.
Weit glücklicher ist ein solches Volk, das von der Natur gesegnet, den Segen dankbar und fröhlich hinab-
schlürft. Aber daß es seine Wollenzeuge jemals dem Ausländer verkaufen werde, daran ist schwer zu denken."
Im weiteren wird zunächst auf die große Entfemung der Linzer Fabrik von den Orten der Schafzucht
hingewiesen. Die Wolle gehe dabei durch die Hände vieler Zwischenhändler und mache roo bis x50 Meilen
Weges. Die in Linz geklaubte und gekämmte Wolle gehe dann nach Böhmen und Mähren und komme von dort
als Gespinst wieder zurück.
„Nach der Behauptung der k. k. Direction hat die Aerarialfabrick nur noch den einzigen wesentlichen
Vorzug der besseren Qualität ihrer Waaren behauptet. Nur in dieser Rücksicht dürfte und könnte sie noch
nützlich werden.
Hier ist der Ort einen Blick vieleicht nicht fruchtlos auf die österreichische Wollenmanufaktur zu werfen.
Es wird außer der Linzer Aerarial und den Neustädter und Neutitscheiner Privat-Fabricken kaum noch
eine andere Wollenzeugfabrick in der ganzen Monarchie geben, welche eine ordentliche Schönfärberei oder die
erforderlichen Appretirungsmaschinen hätte."
Die Apparate der kleineren Fabriken seien minderwertig. Doch könnten diese Fabriken eben wegen der
Minderwertigkeit des Erzeugnisses um 30 bis 40 Prozent billiger liefern.
„Dadurch kömmt aber das inländische Erzeugniß in üblen Ruf, und das Sehnen des Publikums nach
fremden Fabrikaten wird einigermaßen gerechtfertigt."
(Die oberösterreichischen Weber sollten ihre Waren zur Färberei und Appretur in die Linzer Fabrik
senden, deren Färberei ohnehin zum Teile gesperrt sei. Es könnte so - wenn auch gegen den eigenen Vorteil
der Fabrik _ ein Teil der Arbeiter beschäftigt Werden.)
„Dieser Zeitpunkt [zur Auflösung der Linzer Fabrik] wäre eben derjenige, wo die Privatindustrie auf einen
solchen Grade der Vollkommenheit stünde, daß keine unmittelbare Einmischung und Mitwirkung des aller-
höchsten Hofes, mit einem Worte keine Aerarialfabriek mehr nöthig wäre solche zu errnunteren; die Privat-
fabricken würden sich alsdann selbst untereinander Muster und Sporn zu guter und wohlfeiler Erzeugung seyn,
und das Land würde auch ohne Aerarialfabrick an guten und wohlfeilen Waaren, soweit beides die Natur des
Urstofes und die nicht so frugale Lebensart des Volkes gestattet, nie Mangel leiden. Kurz die Linzer Aerarial-
fabrick hätte ihren ganzen Entzweck erreicht."
' (Bei allmählich durchgeführter Einziehung der Fabrik könnte alles aufgebraucht, das Gerät und so weiter
rnüßte nicht auf einmal verkauft zu werden. Es sei dieser Vorgang also besser als Verpachtung oder Verkauf.)
„Die Fabrik stünde alsdann nur als bloße Färberey und Appretur noch da. Aber als solche würde sie der
Manufaktur der ganzen Monarchie vieleicht wesentlicheren Nuzen leisten, als solcher bisher durch die Fabrikazion
geschah. Sie könnte für Färberei und Appretur stätts die Schule neuer Zöglinge seyn, wo diese durch Theorie
und Praxis ausgebildet, und nach abgelegten Proben der Fähigkeit immer weiter und weiter in solchen Gegenden
angesiedelt werden könnten, wo wirkliche Manufakturen weren . . ."
Ein Teil des Gewinnes könne „auf neue Entdeckungen in beiden Künsten" und auf Belohnungen vorzüg-
licher Talente verwendet werden, damit nicht wieder in den Zeitungen ausländische Schönfärber für Österreich
gesucht zu werden brauchten.
Man solle aber mit der Beschränkung der Fabrik nicht zu schnell vorgehen, weil die Öffentlichkeit nach
Entfernung des stärksten Wettbewerbes noch schlechtere Ware erhielte.
Die k. k. Fabriksdirektion macht darum einen zweifachen Vorschlag:
a) „Solche [die Fabrik] an Privatunternehmungen dergestalt zu überlassen, daß der allerhöchste Hof einen
zu 4. Prozent verinteressierlichen Fond von wenigstens einer Million Gulden darin liegen und mitwirken lasse . .
[Hiemit ist aber die berichterstartende Staatsbuchhaltung nicht einverstanden]