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Volltext: Monatszeitschrift XIX (1916 / Heft 3 und 4)

dieGesichtsbehand- 
lung dieser Figur 
sehr auffällig mit 
derunseresStückes 
überein. So auch 
die Gewandfalten, 
die sich an den 
Füßen bilden. Der 
Umstand aber, daß 
die Fältelung der 
Gewänder unserer 
Statuette uns diese 
freier, malerischer, 
in gewisser Bezie- 
hung vorgeschrittener erscheinen läßt, kann 
vielleicht mit dem nicht durchziselierten Gusse 
in Beziehung gebracht werden, kann aber auch 
als ein späteres, der allgemeinen venezianischen 
Kunstentwicklung entsprechendes Produkt des 
Lombardi-Kreises gedeutet werden. 
Die Zuweisung der sogenannten „Allegorie 
der Liebe" an Antonio ist, trotz aller Ähnlichkeit 
mit den Figuren am Mocenigo-Grabmal in 
S. Marco, nicht vollends einwandfrei. Auch Tullio 
wurde als Autor vermutet. Ein richtiges Im- 
Dunklen-Tappen, denn schließlich ist die Ur- 
heberschaft Antonios auch für die Barbarigo- 
Reliefs nicht vollends erwiesen. Hier sieht man, 
 
Abb. 6. Christus an der Säule, Berlin, 
Kaiser-Friedrich-Museum 
i? Goldschmidx, a. a. 0., Tafel 34, Nr. 95. Bade, Bronzestatuetten, 
I, LXXVII. 
offenen Munde. Auch die leichte, beinahe zier- 
liche Beinstellung kehrt hier wieder. Die Ge- 
wandbehandlung scheint mir aber härter zu 
sein, die Falten schärfer, jenen des von An- 
tonio signierten Santo-Reliefs entsprechender, 
als dies bei unserer Statuette der Fall ist. Sie 
erinnert an eine weibliche, ein Flammenherz 
tragende Figur, die im Wiener I-Iofmuseum 
und im Kaiser-Friedrich-Museum zu Berlin? 
unter der Bezeichnung „Allegorie der Liebe" 
(sie könnte auch als zodiakalische Darstellung 
der Venus, ein beliebtes Renaissancesujet, 
gedeutet werden) dem Antonio Lombardo 
zugeschrieben ist. 
Und wiederum stimmt 
Abb. 7. Christus an der Säule, Adriaen 
de Vries, Wien, Sammlung Dr. A. 
Figdor
	            		
mit welch unsicheren Vorbedingungen wir uns abfinden müssen, um wenigstens an- nähernd ein Stück bestimmen zu können. Mit Sicherheit vermögen wir aber über unsere Figur nur zu sagen, daß sie eine venezianische Arbeit aus dem Anfang des Cinquecento ist, die dem Typus nach in der Malerei der Art Palma Vecchios entspricht, während die gesicherten Werke Tullios und auch die des Antonio - etwa die Reliefs in der Cappella del Santo zu Padua - mit der Kunst Cima da Coneglianos parallel gehen. Wenn wir nun noch die Dido genannte junge Frau mit dem Dolche (im Kaiser- Friedrich-Museumi) anführen, welche früher als ein Werk des Bellano galt, jetzt aber zu dessenArt gehörigbe- zeichnet wird, so haben wir eine Rei- he weib- licher Fi- guren vor _ Abb. 8. Bacchus, venezianisch, Mine des XVI. jahrhunderls Abb. g. Bacchus, venezianisch, Mitte des xvx. jahrhunderts uns, die ungefähr den gleichenTypus vorstel- len, an dem wir aber ein stetes Fortschreiten in der Formenbehandlung wahrnehmen können: die Dido, die sogenannte „Allegorie der Liebe" und unsere Frauenstatuette. Auch für Venedig ist im XVI. Jahr- hundert Michelangelo das Ereignis; aller- dings nur ein vermittelter Michelangelo. Hauptvermittler war Jacopo Sansovino, ein von Michelangelo nur Berührter, nicht Bezwungener. Jedoch der Repräsentant einer neuen Richtung, welche die bereits in sich gebrochene naturalistische Tendenz der Paduaner, die archäologisierende der i" Gnldschmidt, a. a, 0., Tafel 18, Nr. 40.
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