399
nicht sehr verlockend erscheinen. Wirklich befriedigen können uns dagegen
wohl einige der etwas älteren Arbeiten, die wir hier abgebildet haben?
Sie zeigen uns den Klassizismus und den frühen Naturalismus in sehr
reizvoller Form. Und wir dürfen wohl vermuten, daß die Entwürfe zu den
besseren dieser Arbeiten von dem oben erwähnten Professor der Manu-
fakturzeichenschule an der k. k. Akademie der vereinigten bildenden Künste
Ignaz Strenzl und von dessen Schüler Banholzer herrühren. Daß man an-
fänglich die fremden Arbeiten auch in den Mustern nachgeahmt hat, haben
wir schon oben gezeigt, ebenso, daß man auch nach vorgelegten Entwürfen
arbeitete." Auch dürfen wir wohl annehmen, daß man das Linzer Unter-
nehmen nach dem h _A _ den Zeitgenossen
Gesagten weder "f: ' ' ' ' ' schon durch ihre
überschätzen noch i großartige äußere
unterschätzenwird. Erscheinung, aber
Was man bisher auch durch ihre
im allgemeinen dar- innere mustergültige
über Enden konnte,
war ja nur wenig;
man wird aber
Einrichtung Ein-
druck machte, auf
eine reiche und in
wohl zugeben, mancherBeziehung
daß diese Unter- unvergleichliche
nehmung, die zur Geschichte zurück-
Zeit ihrer höchsten blicken konnte. Und
wirtschaftlichen wenn auch die
Entwicklung gut _ _ Wechselfälle einer
40.000 Spinnern, i" I fast zweihundert-
Abb. 38. „Gedrucktes Wollenluch . ,
Webern und an" mit verschiedenen Farben, als Teppich verwend- lahngen Entwlck"
derenArbeitern Be- b", 183.8", Sßhjvm aiff gäb, '15 der wirklichen lung, darunter drei
schäftigung bot, die Gmß" Teil d" Ruckw" w" Abb" 37 feindliche Beset-
zungen, große volkswirtschaftliche Verschiebungen und das Auftauchen zahl-
reicher Wettbewerber, die Fabrik gezwungen haben, die ursprünglichen
Grundlagen zu verlassen, so muß es uns doch mit Achtung erfüllen, daß
man in den Zeiten größter Not gerade durch Veredlung und künstlerische
Hebung dem Betriebe neues Leben zu geben suchte, und daß man dies für
eine ganze Reihe von Jahren auch tatsächlich erreicht hat, so daß gerade
die späteren, wenn auch nicht die allerletzten, Jahre künstlerisch als die
höchststehenden erscheinen.
' Wie wir nach Abechluß unserer Arbeit zufällig erfahren. sind die Teppichstühle der Dierzerschen
Fabrik später in den Besitz von j. Ginzkey in Maffersdorf übergegangen, und so konnten auch einige weit
ältere (zum Teil auch hier abgebildete) Teppichmuuter noch in den Siebzigeijahren des vergangenen jahr-
hunderta weiter erzeugt werden. Die Stücke des Museums sind aber unbedingt alt, aiehe Seite 364.
" Zu vergleichen wäre hier, was Goethe in seinen Bemerkungen über „Kunstachäue am Rhein, Main und
Neckar, 1814 und 1815" (Vierzigbindige Ausgabe, 26. Band, Seite 307) über die Teppichfabrik von J. D. Leisler
und Comp. unter „Hanau" belichtet. Die Mitteilungen Goethes machen hier den Eindruck, als gingen sie
geradezu auf eine Anzeige der Firma zurück. Einiges stimmt selbst im Wortlaute rnit den Linzer Ankündigungen,
gehört also offenbar dem geschählichen Bruuche der Zeit an.
48