v!
Prachtstiicke italienischer Spät-
renaissance zu nennen: Annibale
Fontana.
Um das Jahr 1580 schuf
der Mailänder Annibale Fontana
zwei Bronzeleuchter, die im
Querschiff der Certosa in Pavia
vor dem Reliquienaltar stehen
(Abb. 2)." An den vier unteren
Ecken eines jeden dieser Leuch-
ter sitzen vier Engel: jünglinge,
fast schon dem Mannesalter
nahe, doch groß geüügelt, ihre
Nacktheit nur durch ein loses,
um die Hüften gelegtes Tuch ge-
schützt, die Haare lang und in
Abb 3 Replik eines Engels vom Pavia-Leuchter Wien Locken gewellt. Da es mir durch
' ' (Sammlung von Auspm) ' die jetzigen Umstände unmöglich
ist, eine große photographische
Aufnahme dieser Figuren zu erbringen, bilde ich hier je zwei Ansichten.
von alten Bronzewiederholungen dieser Jünglinge ab, die I-Ierr Stefan von
Auspitz-Wien in seiner reichen Sammlung besitzt (Abb. 3, 4, 5, 6). Es sind
direkte Nachgüsse nach den Leuchterengeln von Pavia, nur die Flügel
wurden weggelassen oder - an einem Exemplar - verkümmert wieder-
gegeben, da diese an den Originalen in die Rückwand des Leuchterfußes
fiach übergehen.
Für seine Bestimmung waren Franz nur die Engel am Leuchterfuße
maßgebend. Aus dem Briefe Bodes geht sogarhervor, daß Zweifel vorhanden
waren, ob die Leuchter aus ein und derselben Zeit stammen, denn Bode
schrieb: „Ich habe mir das, was Sie selbst und Herr Satori vorgebracht
haben, reiflich überlegt, aber ich gestehe, daß ich die Empfindung habe,
daß der ganze Leuchter eins ist . . . . " und „der obere Schaft mit den Putten
und dem Laubwerk ist zwar ganz ähnlich im Cinquecento gerade in Italien
gearbeitet worden, aber gerade das Spätbarock holte sich seine Motive in
Italien gelegentlich vorn Cinquecento". Also mit anderen Worten: der Ober-
teil mit dem Puttenreigen und mit der Ranke soll Spätbarock sein, nur weil
der Leuchter aus ein und derselben Zeit stammen und der Unterteil ein
Werk Donners sein soll. Ist der ganze Leuchter aus ein und derselben
Zeit und ist der Unterteil nicht von Donner, sondern ein italienisches Werk
19'
3 Zwei andere Leuchter desselben Künstlers, von Brambilla gegossen, fanden auf der Balustrade vor
dem Presbyterium derselben Kirche Platz und dürften auch um die gleiche Zeit entstanden sein. - Über
Annibale Fontana siehe Borghini, „Il Riposo". Ausgabe Mailand 1807, Band III, Seite x33; Morigia, "Nobiltä
di Milano", rGrG; Torte. „Ritratto di Milano", 1674; Cicognara, „Storia della Scultura", Band I1, Seite 36x;
Carctti, „Arte tialiana decorativa e industrielle", 1893 und mit guten Abbildungen seiner Leuchter in der Certosa
von Pavia, Beltrami, „L'Ane negli Arredi sacri della Lombardia", rBg7, Tafel XLVI, XLVII, LHI, LIV.