Internationale
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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Norbert Ehrlich.
9. Jahrgang. Wien, 15. Februar 1917. Nr. 4.
Auflösung der Galerie Carl Michel in Mainz.
Bei der „Umgruppierung“ der Gemäldesammlungen
spielen die alten Privatgalerien vom Rhein, die durch
die Düsseldorfer Ausstellungen vom Jahre 1886 und
1904 bekannt und zum Teil berühmt geworden sind,
eine wichtige Rolle. Nachdem die Düsseldorfer Samm
lung'Werner Dahl bereits im Jahre 1905 in Amsterdam
und die vortreffliche
Sammlung Hölscher-
(Mülheim) unlängst in
Berlin bei Rudolf Lcpke
unter dem Hammer ge
langt ist, kommt jetzt
der Bestand der be
rühmten Holländerga
lerie des verstorbenen
Geheimen Kommerzien
rates Stefan Karl
Michel in Mainz als
eine der letzten großen
rheinischen Privatga
lerien auf den Markt.
Obenan steht ein
von Autoritäten wie
Bode und Hofstede de
Groot anerkanntes
Früh werk von Pieter
de Hooch, eine seiner
sehr seltenen Wacht-
stuben; ähnliche Arbei
ten finden sich in Rom
(GalerieBorghese), Dub
lin (Galerie), Wien
(Sammlung Tritsch),
Haag (Sammlung Hofstede de Groot). Obschon aus
seiner Jugendzeit, ist es doch schon als vollendetes
Meisterwerk von allerhöchstem Rang anzusprechen.
Gerard Ter Borch ist mit einem seiner geschmack
vollen und künstlerisch so hoch stehenden Bildnisse
vertreten. Es stellt einem Verwandten von ihm, den
Bürgermeister Lambert Quadaker aus Deventer dar.
Von Adrian Brouwer ist eine typische Bauernszene
von bester Qualität (Fig. 1) vorhanden. Dasselbe Genre
wird noch repräsentiert durch zwei hervorragende,
frühe Arbeiten Adrian van Ostades, eine meisterhafte
Genreszene seines Schülers C. Dusart, durch einen
in der Qualität Brouwer nahe kommenden Ii. M. Sorgh
und durch gute Bilder von Teniers. Brekelenkam
erscheint mit einer seiner Schusterwerkstätten, ebenso
Boursse, der Schöpfer des berühmten Interieurs in
der Londoner Wallace-Kollektion, mit einem unge
wöhnlich reizvollen Innenbild, eine Frau am, Kamin
darstellend, das an ähnliche hübsche Motive von J. Vrel
erinnert. Charakteristische und gute Bilder von Eglon
Hendrik, van der Neer,
J. M. Molenaer,
Egbert van Hcems-
kerk und Richard
Brackenburg reihen
sich an.
Unter den Land
schaftern ist Jan van
( Goyen besonders her
vorragend vertreten.
Die große „Landschaft
mit rastenden Soldaten'“
(Fig. 2) ist eines seiner
besten Werke über
haupt. Von den Harle-
mer Meistern sind fer
ner vertreten: Cornclis
Dekker mit einer sehr
schönen „Dorfansicht“,
Frans de Hu Ist mit
einer Kanallandschaft
in der Art van Goyens,
Pieter de Moleyn mit
einer seiner schönen
„Landstraßen“, Philips
Wouwcrmanns mit
einer sehr guten, frühen
„Reiterschlacht“, sein selten vorkommender Bruder
mit einer „Landschaft mit Reitern“ und nicht zuletzt
Jakob Salomonsz und Salomon van Ruysdael mit
ausgezeichneten Landschaften in ihrer charakteristi
schen Art. Von Pieter Nolpe ist eine recht gute Kanal
landschaft da; Aert van der Neer kommt mit einem
seltenen Frühwerk und einer stimmungsvollen Abend
landschaft gebührend zur Geltung. Eine der interes
santesten Landschaften ist der an Philips de Köninck
erinnernde Fernblick über eine Ebene mit den hübschen
Staffagefiguren der Diana und einer Nymphe im
Vordergrund. Das Bild, das früher Köninck hieß,
dürft«- Von dem vielseitigen Meister Ludolph de Jongh
herrühren. Unter den italisierenden Meistern sind
Fig. 1.
Adrian Brouwer, Bauernszene.