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aber für die Übertragung noch charakteristischer sind, denn sie unterlagen
einer regelrechten, vollständigen Transformation. Indifferente Wasser-
wesen, Flußgötter, wie sie die Spätantike liebte, ans Land getragen, ihrer
ursprünglichen Funktionen vollends beraubt, einem neuen Elemente be-
zwungen, ähnlich wie auf italienischem Boden aus Apollon Jason wurde.
Die Estensische Kunstsammlung in Wien besitzt zwei noch unbe-
schriebene länglich-achteckige Bronzeplaketten, die, oval gerändert, je
einen Flußgott zeigen? Mit weit ausgestrecktem rechten Fuße, den Rücken
dem Beschauer zugewendet, den Kopf mit im Winde bewegtem Bart- und
Haarwuchs scharf in Profil nach hinten gerichtet, sitzt der eine Flußgott
auf einem nach links schwimmenden Delphin, von einem dünnen Tuche
' umBattert, das, ohne derWind-
richtung Folge zu leisten, huf-
eisenförmig die Gestalt des
Gottes umrahmt. In der aus-
gestreckten Linken hält dieser
einen Stab, vom ovalen Rande
oben abgeschnitten, den wir
uns aber vermutlich als einen
Dreizack ergänzen müssen.
Links im Hintergrund ist skiz-
zenhaft mit wenigen Strichen
das Ufer mit Schilfpiianzen
angedeutet (Abb. 4). Auch der
zweite Flußgott liegt nackt
Abb. 5. Giovanni dei Bemardi, Flußgotx (Estensische Kunst- auf dem Rücken eines nach
Sammlung wie") links schwimmenden Delphins ;
sein linker Fuß ist ausgestreckt, der rechte im Knie gebogen und herauf-
gezogen; die Brust dem Beschauer zugewendet, das mit langgelocktem
Haar- und Bartwuchs umrahmte Antlitz dreiviertel nach links gerichtet, die
ausgestreckte Rechte auf ein Ruder gestützt. Auch hier schwebt hufeisen-
förmig ein dünnes, feingefälteltes Tuch um die Gestalt, auch hier links im
Hintergrund bekunden skizzenhaft angedeutete Schilfpflanzen die Nähe des
Ufers (Abb. 5).
Daß die erste dieser Plaketten als Vorlage für die Darstellung der
Allegorie der Luft auf der deutschen Elementenfolge gedient hat, steht
außer jedem Zweifel. Die nackte männliche Figur wurde tale quale beibe-
halten. Nur die vom Winde so eigentümlich bewegten Kopf- und Barthaare
fielen weg. Der Delphin ist aber spurlos verschwunden. Statt auf seinem
Rücken zu reiten, sitzt die symbolische Figur auf einem Stück bemooster
Erde und zur deutlichen Charakterisierung des neuerschaffenen Festlandes
sah sich der Übersetzer überdies verpflichtet, rechts einen Baum (der uns
wie aus Flettners Werkstatt entlehnt anmutet), links einen Baumstumpf
4' Halbreliefs. Dünne Güsse. Naturpatina. Oben gelocht. Höhe 0'066, Breite wog.