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fullscreen: Monatszeitschrift VIII (1905 / Heft 2)

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Bauernpaare, sowie einen Flötenbläser und 
einen Sackpfeifer, abwechselnd auf blauem 
und gelbem Grunde angeordnet. Dadurch, 
daß diesem Kruge die gleichzeitige Dar- 
stellung des Cruciiixus fehlt, erscheint er 
nicht als eines der im vorerwähnten Rats- 
verschluß verpönten Stücke von der Hand 
des abgestraften Gesellen Kunz Preuning, 
sondern als Arbeit des Meisters Paul Preuning. 
Weitere Hohlformen (mit der Figur der 
Caritas, des Saturnus, eines einzelnen dahin- 
schreitenden Bauern, mit Brustbildem der 
Reformatoren etc.) gehören derselben Fund- 
stelle, jedoch späterer Zeit und daher den 
Nachfolgern im Besitze der Werkstätte an. 
Der Formschneider dieser Stücke ist 
uns nicht bekannt. Auf der Rückseite mehrerer 
Modelle ist eine Marke in Form eines von 
zwei schräg liegenden Balken gestützten und 
von einem Balken überschnittenen Pfeiles 
eingekratzt; wohl das Besitzerzeichen der 
Werkstätte und nicht die Signatur des Model- 
Schneiders. In der einschlägigen Sammlung 
 
Buntglasierler Hafnerkrug mit der Figur 
der Fides (kopiert nach der Plaquette des _ _ __ 
Peter Fletner). Meister Paul Preuning, des Germanischen Nationalrnuseums durfte 
Nümlmß- w" '55" isammhmße" 6'" sich übrigens wahrscheinlich noch das eine 
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m m") oder andere Stuck finden lassen, denn der 
Reichtum an solchen Hohlformen, bestimmt für die Reliefauflagen der Krüge, 
war gewiß ein ganz bedeutender und mehrere hundert Stücke zählender. 
Bisher haben wir auf den uns bekannten Krügen folgende Darstellungen 
gesehen: 
Porträte: Kaiser Karl V., Ferdinand I. und seine Gemahlin Anna, 
Pfalzgraf Friedrich II., Pfalzgraf Otto Heinrich und Susanna von der Pfalz, 
Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen, Landgraf Philipp von Hessen, 
Reformatoren und zeitgenössische Privatpersonen. 
Religiöse und biblische Szenen: Sündenfall, Opferung Isaaks, die 
Kundschafter, Anbetung der Schlange, Absoloms Tod, verschiedene Szenen 
aus der wunderbaren Rettung Jonas (wobei die Figur des Jonas nur in einer 
Ausführung vorkommt, aber in verschiedenen Stellungen verwendet wird 
und zwar verkehrt beim Sturz in das Meer, aufrecht- als gerettet ans 
Land steigend), Mariens Verkündigung, Maria mit dem Jesukinde, Anbetung 
durch die Könige, Christi Taufe durch Johannes, Einzug in Jerusalem, 
Christus am Ölberg, Kreuzigung, Kreuzigungsgruppe mit Maria und Johannes, 
die beiden gekreuzigten Häscher, Christi Auferstehung, Himmelfahrt, Christus 
als Salvator, die Dreifaltigkeit, die Evangelisten etc.
	            		
'.J:1 Antike Mythologie und geschicht- liche Darstellungen; Urteil des Paris, Lucretia und so weiter. AllegorischeDarstellungen: Figur der Temperantia, Caritas und Fides (sämtliche kopiert nach der Plaquet- tenserie der stehenden Tugenden von Peter Fletner). Sonstiges: Bauerntänze (kopiert nach Hans Sebald Beham), einzelne Figuren im Zeitkostüm, Landsknechte, Pfeiffer und Trommler, Reiter, ganze Szenen (Gesellenstechen, Sau- und Bärenhatz), die beiden Wappen Nürn- bergs, Familienwappen, Reichsadler, Kinder, Putten und Genien, geflügelte Engelsköpfe, einzelne Tiere (Hunde, Hasen, Tauben, Frösche etc.), Pelikan mit Jungen, Rosetten, das bekannte mit Blüten besetzte Rankenwerk und schließlich das stets wiederkehrende Buchenblatt in drei, das Eichenblatt in sieben verschiedenen Formen und GrößerL Buntglasiener Hafnerkrug mit tanzenden Bauernpaaren D1esgsEichgnblatt,wglchgsnahe- nach Hans Sebald Beham. Meister Paul Preuning, zu auf jedem Stück in vielfacher Nürnberg, um 155a (Kunstgewerbemuseum, Frankfurt) Wiederholung zu sehen ist, dient zum Ausfüllen kleiner, sonst leerer Flächen oder zur Belebung der, die größeren Reliefdarstellungen umrahmenden Ranken und Stäbe. Gewöhnlich wird das einzelne Blatt in solcher Weise verwendet, selten ein ganzer Zweig der Eiche. Sind Bäume darzustellen, so bildet der Töpfer das Laub aus einzelnen solchen Blättern, die er über- und aneinander reiht. Sammler haben bisher diesem Blatt eine besondere Bedeu- tung zukommen lassen und darin eine Marke des Töpfers vermutet oder sie haben Analogien mit dem Wappen des Adels, auf dessen Bestellung die ersten derartigen Gefäße hergestellt worden sein mögen, gesucht. Zu solcher Annahme bot das Wappen des Meißener Geschlechtes „Töpfer" mit einem einzelnen Eichblatt im Schilde oder jenes der bei Reichersberg angesessenen Familie Aichberger willkommene Hand. Die Gründe, welche den Hafner zur auffallenden Bevorzugung dieses Blattomamentes bewogen haben, liegen jedoch viel tiefer. Als das Abzeichen des deutschen Bauern, war das Blatt der Eiche sein Feldzeichen im Streite für sein Recht, im Ringen mit dem Adel, im Kampf für seinen freien Glauben. So sehen wir es auf der Fahne des Bauern im Titelblaite zu P. Gengenbachs „Der Bundt- schuh", gedruckt 1514, weiters auf einem Flugblatte vom Jahre 1525 im 18'
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