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Bauernpaare, sowie einen Flötenbläser und
einen Sackpfeifer, abwechselnd auf blauem
und gelbem Grunde angeordnet. Dadurch,
daß diesem Kruge die gleichzeitige Dar-
stellung des Cruciiixus fehlt, erscheint er
nicht als eines der im vorerwähnten Rats-
verschluß verpönten Stücke von der Hand
des abgestraften Gesellen Kunz Preuning,
sondern als Arbeit des Meisters Paul Preuning.
Weitere Hohlformen (mit der Figur der
Caritas, des Saturnus, eines einzelnen dahin-
schreitenden Bauern, mit Brustbildem der
Reformatoren etc.) gehören derselben Fund-
stelle, jedoch späterer Zeit und daher den
Nachfolgern im Besitze der Werkstätte an.
Der Formschneider dieser Stücke ist
uns nicht bekannt. Auf der Rückseite mehrerer
Modelle ist eine Marke in Form eines von
zwei schräg liegenden Balken gestützten und
von einem Balken überschnittenen Pfeiles
eingekratzt; wohl das Besitzerzeichen der
Werkstätte und nicht die Signatur des Model-
Schneiders. In der einschlägigen Sammlung
Buntglasierler Hafnerkrug mit der Figur
der Fides (kopiert nach der Plaquette des _ _ __
Peter Fletner). Meister Paul Preuning, des Germanischen Nationalrnuseums durfte
Nümlmß- w" '55" isammhmße" 6'" sich übrigens wahrscheinlich noch das eine
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m m") oder andere Stuck finden lassen, denn der
Reichtum an solchen Hohlformen, bestimmt für die Reliefauflagen der Krüge,
war gewiß ein ganz bedeutender und mehrere hundert Stücke zählender.
Bisher haben wir auf den uns bekannten Krügen folgende Darstellungen
gesehen:
Porträte: Kaiser Karl V., Ferdinand I. und seine Gemahlin Anna,
Pfalzgraf Friedrich II., Pfalzgraf Otto Heinrich und Susanna von der Pfalz,
Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen, Landgraf Philipp von Hessen,
Reformatoren und zeitgenössische Privatpersonen.
Religiöse und biblische Szenen: Sündenfall, Opferung Isaaks, die
Kundschafter, Anbetung der Schlange, Absoloms Tod, verschiedene Szenen
aus der wunderbaren Rettung Jonas (wobei die Figur des Jonas nur in einer
Ausführung vorkommt, aber in verschiedenen Stellungen verwendet wird
und zwar verkehrt beim Sturz in das Meer, aufrecht- als gerettet ans
Land steigend), Mariens Verkündigung, Maria mit dem Jesukinde, Anbetung
durch die Könige, Christi Taufe durch Johannes, Einzug in Jerusalem,
Christus am Ölberg, Kreuzigung, Kreuzigungsgruppe mit Maria und Johannes,
die beiden gekreuzigten Häscher, Christi Auferstehung, Himmelfahrt, Christus
als Salvator, die Dreifaltigkeit, die Evangelisten etc.
'.J:1
Antike Mythologie und geschicht-
liche Darstellungen; Urteil des Paris,
Lucretia und so weiter.
AllegorischeDarstellungen: Figur
der Temperantia, Caritas und Fides
(sämtliche kopiert nach der Plaquet-
tenserie der stehenden Tugenden von
Peter Fletner).
Sonstiges: Bauerntänze (kopiert
nach Hans Sebald Beham), einzelne
Figuren im Zeitkostüm, Landsknechte,
Pfeiffer und Trommler, Reiter, ganze
Szenen (Gesellenstechen, Sau- und
Bärenhatz), die beiden Wappen Nürn-
bergs, Familienwappen, Reichsadler,
Kinder, Putten und Genien, geflügelte
Engelsköpfe, einzelne Tiere (Hunde,
Hasen, Tauben, Frösche etc.), Pelikan
mit Jungen, Rosetten, das bekannte
mit Blüten besetzte Rankenwerk und
schließlich das stets wiederkehrende
Buchenblatt in drei, das Eichenblatt
in sieben verschiedenen Formen und
GrößerL Buntglasiener Hafnerkrug mit tanzenden Bauernpaaren
D1esgsEichgnblatt,wglchgsnahe- nach Hans Sebald Beham. Meister Paul Preuning,
zu auf jedem Stück in vielfacher Nürnberg, um 155a (Kunstgewerbemuseum, Frankfurt)
Wiederholung zu sehen ist, dient zum Ausfüllen kleiner, sonst leerer Flächen
oder zur Belebung der, die größeren Reliefdarstellungen umrahmenden
Ranken und Stäbe. Gewöhnlich wird das einzelne Blatt in solcher Weise
verwendet, selten ein ganzer Zweig der Eiche. Sind Bäume darzustellen, so
bildet der Töpfer das Laub aus einzelnen solchen Blättern, die er über- und
aneinander reiht. Sammler haben bisher diesem Blatt eine besondere Bedeu-
tung zukommen lassen und darin eine Marke des Töpfers vermutet oder sie
haben Analogien mit dem Wappen des Adels, auf dessen Bestellung die
ersten derartigen Gefäße hergestellt worden sein mögen, gesucht. Zu
solcher Annahme bot das Wappen des Meißener Geschlechtes „Töpfer" mit
einem einzelnen Eichblatt im Schilde oder jenes der bei Reichersberg
angesessenen Familie Aichberger willkommene Hand. Die Gründe, welche
den Hafner zur auffallenden Bevorzugung dieses Blattomamentes bewogen
haben, liegen jedoch viel tiefer. Als das Abzeichen des deutschen Bauern,
war das Blatt der Eiche sein Feldzeichen im Streite für sein Recht, im
Ringen mit dem Adel, im Kampf für seinen freien Glauben. So sehen wir es
auf der Fahne des Bauern im Titelblaite zu P. Gengenbachs „Der Bundt-
schuh", gedruckt 1514, weiters auf einem Flugblatte vom Jahre 1525 im
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