ganz so wie auch wir in Österreich, das in der Geschichte des Eisenkunstgusses eine
gleich rühmliche Rolle gespielt hat wie Preußen und Schlesien, dies jetzt unternehmen.
Der Text liefert einen Abriß der Geschichte der Berliner königlichen Eisengießerei
(1804 bis 1873), und zwar in eigenen Abschnitten die Frühzeit von 1804 bis 1815, die
Blütezeit von 1830 bis 1840 und die letzte Epoche, die dann zum vorläufigen Nieder-
gange des Eisenkunstgusses führte, von 1840 bis 1873. Als Einleitung ist je ein Aufsatz
über das Aufkommen des Eisenkunstgusses am Ausgange des XVIII. Jahrhunderts, über
den älteren deutschen Eisenguß, besonders von Ofenplatten, und über die Anfänge des
Eisenkunstgusses in Lauchhammer und Schlesien vorausgeschickt. Über die Beziehungen
der Berliner Gießerei zur Gleiwitzer Mutteranstalt, welche vor allem Kleinkunsterzeugnisse
hervorbrachte und in der Plastik den Reliefguß zu hoher Vollendung führte, empfangen wir
neue interessante Aufklärungen. Sofort wurde in Berlin neben technischen Erzeugnissen
der künstlerische Eisenguß in Angriff genommen, der ausgezeichnete Former Stilarsky,
dem Gleiwitz soviel verdankte, von hier und auf Schadows Betreiben der treffliche öster-
reichische Modelleur Leonhard Posch von Wien nach Berlin berufen. Letzterer hat den
größten Anteil am Aufschwunge und der Volkstümlichkeit des Berliner Kunstgusses, wie
überhaupt der dortigen Gießerei zugute kam, daß Künstler ersten Ranges wie Schinkel,
Schadow, Rauch, Tieck und ihre Schüler Kiß, Kalide und Fischer sich in ihren Dienst
stellten. So ist, während im Kleinguß, in Geräten, Schmuck und auch in der Medaille (von
den österreichischen Gießereien leistete vor allem die fürstlich Liechtensteinbche in Adams-
thal in lVlähren ganz Hervorragendes) Österreich, wo Graf Wrbna ähnlich wie Graf Reden
bahnbrechend wirkte, nicht hinter Berlin zurückstand, die Grabmalkunst und der Büsten- und
Statuenguß in der Berliner Gießerei in überragender, vorbildlicher Weise entwickelt worden.
Der Eisenguß geriet erst in Mißkredit, als in den Sechzigerjahren im Gefolge des neu-
erwachten Renaissancegeschmacks Waffen, Geräte und Gruppen, vor allem in Ilsenburg,
massenhaft erzeugt wurden und so kam die Kabinettsorder Kaiser Wilhelms 1., mit welcher
im jahre 1873 die Auflösung der Berliner Eisengießerei verfügt wurde, vom künstlerischen
Standpunkte gerade im rechten Augenblicke. Die österreichischen Eisenkunstgießereien
sind fast zur selben Zeit teils aufgehoben, teils ganz in den Dienst der technischen Massen-
produktion gestellt worden. Die Bahn ist nun frei für neues Schaffen. Die Festschrift des
Berliner Kunstgewerbemuseums wird ihm die besten Dienste leisten. Ed. Leisching
TILWANDLUNGEN UND JRRUNGEN VON K. O. HARTMANNB"
Von den angewandten Künsten ausgehend, bespricht K. O. Hartmann die Stilwand-
lungen, Stilforderungen und Stilirrungen mit der deutlichen Absicht, sich mit den
Resultaten der jungen und jüngsten künstlerischen Bestrebungen auseinanderzusetzen.
Man fühlt daraus den Verehrer historischer Stilbildung, dem bei den Bestrebungen der
Neuzeit nicht warm werden und der bei aller Bemühung, den Ernst und die Bedeutung
dieser Arbeiten anzuerkennen, kein näheres Verhältnis zu denselben gewinnen kann. Mit
seinen Auseinandersetzungen ist er zu dem Resultat gelangt: „Die moderne Bewegung
hat die erste und wichtigste Forderung jeder auf Schaffung höherer Werte abzielenden
Kunst, in voller Stileinheit der Formensprache einen Wesensausdruck des Volkstums zu
bilden, nicht erfüllt." Er findet, daß die Kunst eben darum auch die „Ausprägung des Zeit-
geistes" nicht vermittelt hat - weil der Zeitgeist auf absehbare Zeit ein durch und durch
nationaler sei". Er richtet einen Appell an die Künstler, „das Nationale zu suchen und heraus-
zubilden im Sinne des reinen Deutschtums". Daß weder eine volkstümliche noch eine
nationale Kunst irgendwie absichtlich hervorgerufen werden kann, beweist gerade das
Studium der Stilentwicklungen. Im Jahrhundert des Verkehrs, der Ausstellungen und
der technischen Fortschritte, der lndustrieentwicklung und der Internationalisierung der
sozialen Probleme mußte die Kunst immer mehr vom Volkstum und von der Nationa-
lisierung abgedrängt werden. Die alten Kulturformen kehren nicht mehr zurück und die
l" Verlag R. Oldenbourg, München.