der Vorderansicht durch die graziöse Erhebung des rechten Knies unter-
brochen, welche durch die Krümmung des Beines hervorgerufen wird.
Prachtvoll modelliert ist der kräftige Rücken der Gestalt (Abb. 3) und zahl-
reiche feine Einzelbeobachtungen erfreuen uns an den schönen, sorglos
und behaglich vegetierenden Kinderliguren. Das Ganze ist eine sehr an-
sprechende und frische Arbeit nach dem lebenden Modell, die ursprünglich
in Wachs ausgeführt und in der verlorenen Form in Bronze gegossen
wurde, sie ist unziseliert und trägt eine warme braune Lackpatina. Ihre
Entstehung ist in das dritte Viertel des XVI. Jahrhunderts zu setzen. Ein
weiteres Exemplar der Figur besitzt Herr C. von Hollitscher in Berlin und
eine weniger feine Variante derselben mit zwei spielenden
Kindern hinter dem ausgestreckten linken Beine das
Museum zu Oxford." Bode hat auch den Weg gezeigt,
auf dem man zu einer Bestimmung des Meisters
unserer Figur gelangen
kann. Er verweist näm-
lich auf die zwei ge-
lagerten weiblichen
Tugenden, die
„GerechtigkeiW
Abb. 3. Bronzeslatuette der Caritas von Guglielmo della Porta (Galerie des Grafen Nosxitz in Prag)
und die „Klugheit", zu Füßen des Grabdenkmals des Papstes Paul III.
(Farnese) in den Katakomben der Peterskirche zu Rom." Die „Gerechtig-
keit", eine jugendliche Frau mit stolzem, feinem Kopfe, für die angeblich die
schöne Giulia Famese, Pauls III. Schwester, die mit einem Orsini vermählt
war, das Modell gewesen sein soll, kommt hier zunächst in Betracht, obwohl
sie Oberkörper und die Oberschenkel bekleidet hat; aber auch die andere
Tugendiigur, die „K1ugheit", die als ältere, strenge, hagere Frau mit nacktem
Oberkörper gebildet ist, bietet eine Reihe von Übereinstimmungen, die sich
auf die Bewegtheit des Körpers, die Haltung und Stellung der Arme, Beine
und des Kopfes erstrecken, so daß der Schluß Bodes auf die Urheberschaft
durch den Meister des Paul-Grabmals, Guglielmo della Porta, sehr viel
Wahrscheinlichkeit für sich hat. jedenfalls geht der Stil und das künst-
" Bode, „Die italienischen Bronzestamenen der Renaissance", II, Seite 17, Tafel CXXXVI.
. "i Abbildung nach der Photographie von Alinari bei M. Reyrnond, „La sculpture liorentine XVI. siecle",
Seite x38, und bei A. E. Brinckmann, „Barockskulpturß Seite 80.