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Volltext: Monatszeitschrift XXI (1918 / Heft 8, 9 und 10)

und Versen" geschrieben habe. Und es ist auch nicht schwer, noch im 
Schaffen des reifen Meisters einen gewissen literarischen oder, sagen wir, 
einen nicht ausschließlich auf rein Künstlerisches gerichteten Zug zu er- 
kennen. Weiters beschäftigte er sich auch von Jugend auf mit Mathematik, 
und es mag ihn dies später architektonischen Fragen zugänglicher gemacht 
haben. 
Zunächst blieb er aber der Malerei in der Hauptsache treu und schloß 
sich, nach Rom übersiedelt, dem damals weltberühmten Raphael Mengs an," 
der sich in Rom - nicht ohne Einfluß Winckelmanns - immer mehr zum 
ausgesprochenen Klassizisten entwickelt hatte. Als sich Mengs aber kurze 
Zeit darauf an den spanischen I-Iof begab, trat der damals ungefähr sieb- 
zehnjährige Quarenghi in die Werkstätte des zu jener Zeit in Rom ziemlich 
angesehenen Malers Stefano Pozzi (1707 bis 1768) ein, gleichfalls eines 
Bergamasken und eines Nachzüglers der Schule des Carlo Maratti. 
Immer mehr wandte sich der junge Künstler nun aber dem Studium 
der Architektur zu; so verbrachte er drei Jahre bei drei verschiedenen 
Architekten, dem Sienesen Paolo Posi, dem Franzosen Derizet und 
Niccolo Giansimoni, doch ohne sich besonders gefördert zu sehen. Er fühlte 
sich erst auf demurichtigen Wege, als das Schicksal ihm ein Werk des 
Palladio in die Hände spielte. Es wird uns überliefert, daß er damals fast 
alle bis dahin angefertigten Zeichnungen den Flammen übergeben habe: so 
groß war der Eindruck, den die abgeklärte Kunst Palladios auf ihn machte. 
. Auch durchforschte er nun Italien nach den Werken des Meisters, um sie 
immer und immer wieder aufzunehmen. Und daß Palladio und die Antike, 
wie jene Zeit sie verstand, nun seine Richtschnur wurden, können wir unter 
anderm auch aus dem hier (Abb. 7) abgebildeten Theater der Eremitage 
zu Petersburg erkennen, wobei eine Nachwirkung von Palladios „Teatro 
olimpico" in Vicenza wohl nicht zu verkennen ist. Damit aber ja kein 
Zweifel über den Weg der Entwicklung entstehe, bringt die erwähnte 
Veröffentlichung die Grundrisse eines antiken, des Palladioschen und des 
Quarenghischen Theaters unmittelbar hintereinander. Außer der Antike und 
Palladio waren aber auch Sammicheli, Giulio Romano und die Sangalli auf 
den sich entwickelnden Künstler nicht ohne Einfluß. 
Quarenghi hatte sich in seiner neuen Tätigkeit im Alter von 24 ]ahren 
bereits einen Namen gemacht; durch Vermittlung des isländischen Bild- 
hauers Christoph Suxten wurden sogar in England Entwürfe von ihm aus- 
geführt, was bei der Palladio-Begeisterung Englands auch wohl zu verstehen 
ist. Wir wissen aber nicht, auf welchem Wege gerade Kaiserin Katharina II. 
von Rußland auf den Künstler aufmerksam wurde, und wir wollen uns hier 
jeder Vermutung enthalten. Genug, Katharina berief unseren Künstler nach 
Petersburg und gab ihm hier und sonst in ihrem Reiche Gelegenheit zur 
Betätigung, wie sie wohl selten einem Künstler geboten worden ist. 
" Maestro . . . ehe fra tutti i pittori di quella etä si reputava grandissimo . . . il celebre Mengs. A. n. 0., 
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