Diese nur in jenen Punkten und Fällen, wo es den Goldschmieden be-
liebte, rigoros eingehaltene, in manchen Teilen noch heute gültige Gold-
schmiedeordnung verblieb bis auf einige dem fortschreitenden Zeitgeist ent-
sprechende Abänderungen bis zum Jahre 1774 in Kraft und hat den Bedürf-
nissen ganz gut entsprochen. Am 5. Juli 1651 petitionierten die Grazer
Goldschmiede um die Bewilligung der 13lötigen Augsburger, an Stelle der
üblichen 14lötigen Wiener Silberprobe, was schon im ersten Teil dieser
Abhandlung ausführlich mitgeteilt worden ist. Da aber mit dieser vom Kaiser
am m. April 1652 bewilligten Bitte die Anordnung verbunden war, daß
neben den zwei Zechmeistern auch der Münzwardein die Probe auf den
Feingehalt vorzunehmen und das Aufschlagen des Stadtzeichens im Beisein
eines Grazer Ratsherrn stattzufinden habe, lehnten die Grazer Goldschmiede
die ganze kaiserliche Resolution ab und arbeiteten im x4lötigen Silber
weiter. Kaiser Leopold I. bestätigte einige Jahre danach, am 23. Juli 1660,
die alte Ordnung, befahl aber am 9. August 1662 einen Neudruck der Grazer
Goldschmiedeordnung", der die Resolution vom m. April 1652 berücksich-
tigte. „Die Silberprob anlangend" wird für ganz Steiermark der I3lötige Fein-
gehalt und für Goldarbeiten die Feine von 16 bis 18 Karat, „darunter aber
nicht", zugelassen. In Graz werden zu Beschauern „der Münzwardein und
ein von dem Statt Magistrat hierzu deputirter Commissari und dann die
zween Zechmaister, da aber ihre Arbeit eine zu probiren ist, sodann andere
zween Maister" bestimmt. „Die Freybrieffler, Landschaft- und Vestung-
Goldschmiede" wurden verpiiichtet, nach der „Grätzerischen Prob und
Ordnung" zu arbeiten. „Was aber von denen Silberhändlern und andern
in Augsburger oder Wiener Prob anhero gebracht wurde, sollte dieser Be-
schau und Prob keinesweegs unterworffen seyn."
Im übrigen ist an der alten Ordnung nichts von Belang verändert worden.
Nach einem im Grazer Statthaltereiarchiv liegenden Berichte vom I4. März
I664 ließen aber die Goldschmiede „ihre Freiheiten bei der Regierung liegen
in dem Glauben, daß sie dann ihnen nicht nachleben dürften". Am 7. Dezember
x667 brachten sie dann ein zehn Seiten langes „Anliegen und Bitten gegen die
Resolution vom 10. April 1652" vor die Hofkammer, nachdem, wie sie sagten,
schon mehrere Eingaben ohne Erledigung geblieben waren. Sie erklärten
die neuen Bestimmungen über die Beschau für unannehmbar, „weil man den
Wardein, der mit Hofarbeiten beladen war, nicht immer gelegen käme und er
auch umsonst keine Probe machen würde. Ferner weil die zwei Zechmeister
nach der Wardeinsprobe das allhiesige Stadtzeichen im Beisein eines Grazer
Ratsherrn aufschlagen sollten; kein Ratsherr aber zu "solchem mühsamen
Werk umsonsten sich gebrauchen lassen und ihn niemand dafür recompen-
sieren würde, er auch bei der zimlich großen Anzahl von Goldschmieden,
die jede Woche mehrere Arbeiten machten, täglich behölligt und in den
Goldschmiedladen und Werkstätten herum geführt werden müßte und man
" „Deß l-Ienzogthumbs Steyer Goldscbmidt-Ordnung. Gedruckt in der fdrszlichen Haupt-Statt Grätz bei
Frantz Widmanstetter im Jahr Christi 165:." In Originaldruck im Grazer Slanhaltereiarchiv liegend.