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Brückenbau.
Nach den Veröffentlichungen von Köstlin können die Kosten
der grossen, 398.3 Meter langen Strombrücke allein auf circa
1,343.000 fl., also pro laufenden Meter auf circa 3360 ff, jene der
360.4 Meterlangen Inundationsbrückc dagegen auf circa 757.000 fl.
oder pro laufenden Meter auf circa 2100 fl. österr. Währung
Banknoten geschätzt werden.
Was die Belastungsproben betrifft, so betrugen die Durch
biegungen bei 28.5 Zollcentner Belastung pro laufenden Fuss Geleise
durch Locomotiven bei den Oeffnungen der grossen StrombrUcke
und zwar beim langsamen Fahren Y 1517 im Maximum, bei ruhiger
Belastung '/ 1850 im Maximum; bei der Schnellfahrt '/ 3in im Maximum.
Von hervorragendem Interesse war die Aufschiebung des mit
einem Schnabel von 31.46 Meter Länge versehenen continuirlichen
Brückenträgers der Hauptbrücke. Diese von H. Schmidt näher be
schriebene Manipulation begann am 2. Mai 1870 und war insgesammt
am 6. September 1870 vollendet ; vom 20. Mai bis 17. August trat
eine Unterbrechung ein, so dass in der ersten Transportperiode
179.23 Meter in 17 Tagen, in der zweiten Periode 237. 6 6 Meter
in 21 Tagen, daher im Durchschnitte 11. 0 Meter pro Tag be
wältigt wurden. Die Vorwärtsschiebung der kolossalen Last, welche
in der ersten Schiebeperiode 25.400 Zollcentner betrug, wurde durch
16 Mann, in der zweiten Schiebeperiode bei 41.400 Zollcentner Last
mit 20 Mann bewerkstelligt.
Diese Verschiebung dieses kolossalen, continuirlichen Trägers
ist eines der wesentlichsten Beispiele solcher Manipulationen, die
wir, wenn auch bei geringeren Gewichten, so doch in den sonstigen
Combinationen in kühnerer Weise bereits 1857 bis 1862 bei dem
Saaneviaducte, später (1860 bis 1861) auch in einer sehr ausge
dehnten Weise bei den Brücken der Petersburg-Warschauer Bahn,
des Weiteren bei der Scorffbrücke der Orleansbahn 1862, bei der
Weichselbrücke nächst Warschau 1863, und auch beim Bouble-
viaduct der Orleansbahn 1869 angewendet finden, bei welchen
Bauwerken Krahne und Pressen als Bewegungsmechanismen ab
wechselten.
Bei der Brücke zu Kovno über den Niemen wurde der
55.000 Centner schwere Träger, welcher im Zustande der Ruhe
14 %, im Zustand der Bewegung 8 °/ 0 des Gewichtes an Reibung
IV. Eiserne Brücken.
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verursachte, an 100 Meter weit bis auf die Pontons geschoben; bei
der Grodnobriicke über den Niemen wurde der 24.000 Centner
schwere Träger mit Kurbelbewegung 300 Meter weit geschoben;
bei der Scorffbrücke schob der Ingenieur Gouin mittelst hydrau
lischer Pressen den 175 Meter langen, 20.000 Centner schweren
Brückenträger in 17 Stunden 152 Meter weit, und beider Warschauer
Brücke schob derselbe Ingenieur den 160 Meter langen, 28.000 Centn er
schweren Träger ebenfalls mit hydraulischen Pressen mit einer
Geschwindigkeit von 50. 0 Meter pro Tag über die Pfeiler.
56. Brücke der Staatsbahn über den Donauc anai
bei Wien. (Photographische Abbildung.) Diese unter der Direction
von Ruppert construirte und von Köstlin bereits im April 1869 be
schriebene und von Harkort in Duisburg gelieferte Brücke hat nur eine
Oeffnung mit einer freien Lichtweite von 252 österreichischen Fuss,
eine Trägerhöhe von 25 Fuss, Achsenstände derselben von 25. 5 Fuss
und eine für zwei Geleise berechnete freie Lichtweite der Träger
von 24 Fuss. Die Inanspruchnahme des Materiales beträgt bei den
Gurtungen 7 Kilogramm pro Quadratmillimeter, in den Zugbändern
6 Kilogramm, in den Querträgern 7 Kilogramm und in den Längs
trägern 6 Kilogramm pro Quadratmillimeter, in den Verticalstützen
am Auflager 5. 7 Kilogramm und in jenen gegen die Mitte zu, ab
nehmend bis herab zu 2. 0 Kilogramm pro Quadratmillimeter.
Die Construction dieses Bauwerkes ist ein zweifaches Fach
werk mit von beiden Seiten gegen die Mitte zu geneigten Zugbändern,
welche sich in der Mitte des Trägers kreuzen; zwischen der Ober
und Untergurte sind Vertieale in Distanzen von 12 österreichischen
Fuss angeordnet. Das Eigenthiimliche bei dieser Brücke ist die
Querschnittsbildung der Gurtungen und der Verticalen; in weiterer
Ausbildung der halbcylinderförmigen _j~\_ oder sogenannten Omega-
Eisen, welche bereits bei der Gran- und Eipelbrücke angewendet
wurden, gebrauchte Ruppert hier Quadranteisen, um eine halb
kreisförmige Untergurte, eine kreisförmige Obergurte und detto
Vertieale in einer solchen Weise zu bilden, dass zwischen die
Quadranten Bleche eingefügt werden können, welche jedwede
Constructionsverbindung leicht ermöglichen.
Einschliesslich der schweren gusseisernen Portale, der Blech
querträger, sowie der Längsträger, die unter jeder Schiene ange-