ständige, der Nation wie angegossen Passende macht die Architektur und dekorative
Kunst Berlins um 1800 in besonderem Maße repräsentativ für die Zeit, weil wir schließlich
in Preußen das damals kulturell und geistig vorgeschrittenste Land erkennen.
Das Schmitzsche Werk wendet sich in erster Linie an Architekten und Liebhaber der
Architektur, das heißt, es legt den weit überwiegenden Nachdruck auf die Abbildungen,
die meisterhaft ausgewählt und reproduziert sind und dem stattlichen Bande eine unver-
gängliche Bedeutung sichern. Solche Bücher, die uns das wertvollste Material einer Epoche,
einer Landschaft in anschaulicher Übersicht darbieten, sind höchst willkommen und können
nie zahlreich und sorgfältig genug hervorgebracht werden. Leider beschränkt die Schwierig-
keit der Herstellung und die Opfer, welche der Verleger für sie bringen muß, die erwünschte
Unbegrenztheit ihrer Zahl. Man muß nur nachlesen, unter welchen Schwierigkeiten viele
der köstlichsten Aufnahmen zustande kamen, und man wird die Opfer des Verlegers und
des Autors zu schätzen wissen. Des Autors: denn solch ein Werk bedeutet bei ihm eine
große Entsagung. Hinter dem Abbildungsstoß zurückzutreten, das reiche Material, das
hierzu gesammelt war, aufs äußerste einzuschränken und nur einen knappen Extrakt daraus
zu geben: welch eine Selbstbescheidung gehört dazu! Die schwachen 70 Seiten Text ver-
raten kaum die drängende Fülle des Stoffes; er verbirgt sich in dem Anhang, der eine
fortlaufende „Beschreibung der Abbildungen" (es sind 326 Folioseiten) am Schlusse gibt.
Mehr als ein gewichtiges Werk hätte sich aus der Sachlichkeit dieses Materials zimmern
lassen. Aber wi.r sind an l-I. Schmitz diese Selbstbeherrschung gewohnt, die sich an die
knappeste Form des Berichtes hält, und bedauern solche Kargheit, trotz ihrer gediegenen
Strenge.
Die Entwicklung holt bei ihm etwas weiter aus, da, wo die Friderizianische Epoche
beginnt: bei Knobelsdorff, dem Architekten von Potsdam und Sanssouci. Das klassische
Element ist hier nur so weit vertreten, als es der Zeitstil, das Rokoko, überhaupt enthält,
welcher ja das Wesentliche im Innenbau gibt. Aber schon bei Gontard, dem Erbauer der
Königskolonnaden und Gendarmenkirchen in Berlin, verstärkt sich das Element des
Klassizistischen durch Dresdener Einflüsse; die Flächen werden beruhigter, die Linien
schlichter. Und Erdmannsdorf, der von Dessau nach Berlin kommt, dessen schönste
Werke in Dessau, Wörlitz, im Berliner Schloß sich befinden, bringt das Flächenhafte in
der Außenarchitektur namentlich kleinerer Bauten schon früh zur Herrschaft. Der Fest-
saal des Dessauer Schlosses, der strenge korinthische Gliederung zeigt, datiert von 1767
und darf wohl als das früheste Beispiel klassizistischen Geschmackes in Deutschland sn-
gesehen werden.
Den Höhepunkt des Berliner Frühklassizismus bedeuten Langhans und die beiden
Gilly, Vater und Sohn, mit ihrem Anhang: Gentz, dem jungen Schinkel, Titel, Catel und
Hans Chr. Genelli. Langhans kommt noch vom Rokoko her (Rheinsberg x76g) und wird
durch seine Reisen in Italien und den Einfiuß Palladios zum völligen Klassizismus bekehrt.
Das Brandenburger Tor (1793) wird seinen Namen unsterblich erhalten; eines der ersten
Werke der Zeit, von dauerndem Gehalt und höchstem künstlerischem Ernst.
David Gilly, wie Langhans von Jugend auf für die praktische Baukunst erzogen, ist in
hervorragendem Maße der Praktiker der Zeit, der nicht nur theoretisch und in der Aus-
führung ein Meister aller Techniken des I-Ioch- und Flachbaues ist, sondern auch durch
die Aufrichtigkeit und denkErnst seiner schlichten Formen den Zeitgeist ganz rein ausdrückt.
Zwar sind ihm monumentale Aufgaben versagt geblieben, vielleicht weil er selbst nicht
darnach strebte, im Bewußtsein, nur auf engerem Gebiete sein Eigenstes zu geben. Aber
im Landhausbau war er musterhaft und ist es noch heute, und heute mehr denn je.
Wie er von allen am stärksten auf die junge Generation wirkt, so stehen seine Bauten -
namentlich Schloß Paretz und Steinhöfel und das Viewegsche Haus in Braunschweig -
vor uns als richtunggebende Beispiele edelster Wohnbaukunst, die in guten Verhältnissen,
Wohnlichkeit und vornehmer Sachlichkeit, bei sparsamen, aber vortreßlichen Schmuck-
formen das Wesentliche charaktervoller Architektur sucht.